Insolvenzrecht - WULLBRANDT Rechtsanwälte

Spätestens seit dem 16. März 2020 ist klar: Die Corona-Krise wird auch für eine Vielzahl von kleinen bis mittelgroßen Unternehmen in Deutschland zur finanziellen und existentiellen Krise. Das Bundesjustizministerium reagiert darauf und beabsichtigt, die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, die nur durch die Corona-Krise zahlungsunfähig werden und in die Krise geraten, von der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags für einige Monate zu befreien. 

Ausgangssperren zum Schutz vor Corona bedrohen Existenzen

Immer mehr Gemeinden und Bundesländer, so auch Bayern und Baden-Württemberg, haben im Zuge der Corona-Krise Länderverordnungen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus beschlossen. Diese Verordnungen, deren Rechtsgrundlage insbesondere das Infektionsschutzgesetz bildet, schränken das Privatleben vieler Menschen erheblich ein – und stellen faktisch für viele insbesondere kleine und mittlere Unternehmen eine ganz erhebliche Existenzbedrohung dar. Insbesondere Unternehmen aus den Bereichen Gastronomie, Sport und Freizeit sind davon betroffen – diese Betriebe werden zwangsweise geschlossen, so dass von jetzt auf sofort die laufenden Einnahmen wegbrechen.

Wann muss Insolvenzantrag normaler Weise gestellt werden?

Anwalt für Wirtschaftsstrafrecht - Tim WullbrandtDie gesetzliche Regelung in der Insolvenzordnung (§ 15a InsO) ist die, dass alle juristischen Personen dann, wenn sie zahlungsunfähig oder überschuldet sind, einen Insolvenzantrag stellen müssen. Diese Regelung trifft also nicht jeden Unternehmer, sondern nur juristische Personen. Juristische Personen sind alle Kapitalgesellschaften, also insbesondere GmbH, UG, KG, GmbH & Co KG, AG, Limited und SE. Liegt bei einer solchen Gesellschaft ein Insolvenzgrund vor, dann muss der Geschäftsführer einen Insolvenzantrag stellen. Macht er das nicht, dann stellt die nicht-Abgabe des Insolvenzantrags eine Straftat dar! Mehr dazu erfahren Sie in unserer Spezialseite zum Insolvenzstrafrecht.

Was ist ein Insolvenzgrund, was ist Insolvenzreife?

Der Insolvenzantrag muss gestellt werden, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt. Die Insolvenzordnung kennt faktisch zwei Insolvenzgründe:

  1. Überschuldung der Gesellschaft
  2. Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft

Was ist Überschuldung?

Die Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Das ist der Wortlaut des Gesetzes in § 19 InsO. Hat das Unternehmen also mehr Schulden als Unternehmenswert, dann liegt Überschuldung und dem Grunde nach ein Insolvenzgrund vor. Der Insolvenzantrag muss aber dann nicht gestellt werden, wenn eine sogenannte „positive Fortführungsprognose“ für das Unternehmen vorliegt. Das bedeutet, die Geschäftsführung muss einen belastbaren Plan haben, wie das Unternehmen in den nächsten 6-12 Monaten erfolgreich wirtschaften und in die schwarzen Zahlen gelangen kann. Ein Beispiel im Corona-Zusammenhang:

Das Fitnessstudio F in Heidelberg besteht seit 10 Jahren, das Unternehmen ist profitabel und wirft Gewinne ab. Nun wird es durch die Landesverordnung per sofort für die Dauer der Schutzmaßnahmen geschlossen. Während der Schließung laufen die monatlichen Fixkosten wie Miete, Leasingverträge, Personal etc. weiter. Der Wert des Unternehmens beträgt 200.000 Euro. Das Unternehmen nimmt jetzt zur Aufrechterhaltung des Betriebs ein Darlehen bei der Bank in Höhe von 250.000 Euro auf, um über die Schließungszeit zu kommen. Damit wäre das Unternehmen eigentlich per sofort Überschuldet und müsste einen Insolvenzantrag stellen. Da die Geschäftsführung aufgrund der guten Erträge in der Vergangenheit aber damit planen kann, dass die Schließungszeit maximal drei Monate beträgt und das Darlehen danach aus den laufenden Erträgen des Unternehmens zurückgezahlt werden kann liegt eine positive Fortführungsprognose vor und es muss kein Insolvenzantrag gestellt werden.

Was ist Zahlungsunfähigkeit?

OrganhaftungWesentlich relevanter im Zusammenhang mit der Corona-Krise wird jedoch der Insolvenzgrund „Zahlungsunfähigkeit“ sein. Per Gesetz ist ein Unternehmen zahlungsunfähig, wenn ist es nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Sprich: Es ist zahlungsunfähig, wenn die laufenden Kosten und die fälligen Eingangsrechnungen nicht mehr bezahlt werden können. Der Bundesgerichtshof hat das noch weiter konkretisiert, er sagt:

Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Schuldner nicht innerhalb von drei Wochen in der Lage ist, 90 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu begleichen.

Dieser Fall dürfte in der aktuellen Situation sehr oft vorkommen, gerade wenn kleinere Unternehmen keine Hilfe durch größere Darlehen seitens ihrer Bank oder der KfW erhalten. Auch hier ein Beispiel:

Die Cafe GmbH betreibt das Ausflugscafe „C“ in Heidelberg. Dieses wird per sofort am 20. März geschlossen, die Umsätze und Einnahmen brechen per sofort um 100% ein. Für die Pacht und die Gehälter des laufenden Monats ist noch genug Geld auf dem Konto. Die Sperrung dauert auch am 10. April noch an. Da keine Einnahmen mehr kamen ist das Geschäftskonto auf 0 oder im Soll. Am 15. April wird die Strom- und Gasrechnung fällig, am 28. April die laufenden Gehälter, am 30. April die laufende Pacht. Am 15. April erfolgt die Mitteilung, dass die Sperrung aller Gaststätten noch mindestens bis zum 15. Mai andauern wird.

Im oben genannten Beispiel wäre die Cafe GmbH spätestens am 07. Mai – also drei Wochen nach Fälligkeit der Gas- und Stromrechnung am 15. April – zahlungsunfähig und müsste einen Insolvenzantrag stellen.

Änderung der Insolvenzantragspflicht durch Bundesjustizministerium in Aussicht gestellt

Um eine Welle von „Corona-bedingten“ Insolvenzen zu vermeiden hat das Bundesjustizministerium nun in einer Pressemitteilung in Aussicht gestellt, dass die Insolvenzantragspflicht bei Unternehmen, welche ausschließlich unter den Corona-Schutzmaßnahmen leiden, auszusetzen.

Wir wollen verhindern, dass Unternehmen nur deshalb Insolvenz anmelden müssen, weil die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen. Die reguläre Drei-Wochen-Frist der Insolvenzordnung ist für diese Fälle zu kurz bemessen. Deshalb flankieren wir das von der Bundesregierung bereits beschlossene Hilfspaket mit einer Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 für die betroffenen Unternehmen. Mit diesem Schritt tragen wir dazu bei, die Folgen des Ausbruchs für die Realwirtschaft abzufedern.

Christine Lambrecht, Bundesjustizministerin

Die Bundesregierung hatte ja bereit vor Rund einer Woche angekündigt, dass den von der Krise betroffenen Unternehmen Hilfen zur Sicherung ihrer Liquidität angeboten werden sollen. Aus organisatorischen und administrativen gründen kann aber nicht sichergestellt werden, dass diese Hilfen (in Form von Darlehen) so rechtzeitig an die Unternehmen ausgezahlt werden, dass sie nicht zwischenzeitlich insolvenzreif werden. Um also zu vermeiden, dass betroffene Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die Bearbeitung von Anträgen auf öffentliche Hilfen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen aktuellen Lage nicht innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht abgeschlossen werden können, soll daher durch eine gesetzliche Regelung für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden.

Achtung: Insolvenzantragspflicht nur bei Unternehmenskrise aufgrund Corona – Schutzmaßnahmen

Besonders wichtig dabei zu beachten ist jedoch, dass diese Regelung nur in den Fällen greifen soll, in denen klar ist dass

  1. der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und
  2. dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen.

Beruht der Insolvenzgrund also auf anderen Ursachen oder lag er bereits vor Eintritt der Corona-Epidemie vor, dann bleibt es unverändert bei der dreiwöchigen Frist zur Stellung des Insolvenzantrags.


Sie sind Unternehmer und möchten Sie zu Fragen eines Insolvenzantrags beraten lassen? Gerne stehen wir Ihnen telefonisch unter 06221/3219271 oder per Mail an twu@wullbrandt-rechtsanwaelte.de zur Verfügung. ihr Ansprechpartner ist Rechtsanwalt Tim Wullbrandt.

Geschäftsführerhaftung - WULLBRANDT Rechtsnwälte

Rechtsanwalt Tim Wullbrandt berät die Geschäftsführung der Hanse Industriekapital GmbH im Rahmen des Verkaufs der Peiner Umformtechnik GmbH nebst Tochtergesellschaften aus dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung heraus.

RA Tim Wullbrandt berät Geschäftsführung der Hanse Industriekapital GmbH bei Verkauf der Peiner Umformtechnik GmbH

In ihrem Artikel vom 30.07.2019 berichtet die Peiner Allgemeine Zeitung ausführlich über den aktuellen Stand des Verfahrens, in welchem Rechtsanwalt Tim Wullbrandt die Geschäftsführung der Altgesellschafterin der PUT, die Hanse IK aus Hamburg, berät. Über den nachfolgenden Link kommen Sie zum Pressebericht der Peiner Allgemeinen Zeitung vom 30.07.2019:

Tim Wullbrandt berät Geschäftsführung der Hanse Industriekapital bei Verkauf der Peiner Umformtechnik (Pressebericht der Peiner Allgemeinen Zeitung vom 30.07.2019)

 

Insolvenzrecht - WULLBRANDT Rechtsanwälte

Was ist eine Insolvenzanfechtung? Diese Frage stellt man sich als Laie spätestens dann, wenn man Post von einem Insolvenzverwalter erhält, der einem die Anfechtung einer Zahlung im Insolvenzverfahren erklärt. Mit der Insolvenzanfechtung hat ein Insolvenzverwalter ein sehr mächtiges Werkzeug an der Hand, um die Masse (also die zur Verteilung kommende Vermögensmenge des insolventen Unternehmens) zu erhöhen. Wie das ganze funktioniert und was es für Sie bedeutet, wenn Sie Post vom Insolvenzverwalter erhalten, in der Ihnen eine Anfechtung erklärt wird, das erklären wir in diesem Artikel.

Was ist eine Insolvenzanfechtung

Bereits vor einiger Zeit haben die FAZ und auch wir auf einem Beitrag darüber berichtet, dass die Zahl der Insolvenzanfechtungen in Deutschland erheblich steigt. Hier möchten wir nun einmal in der nötigen Kürze erklären, was eigentlich eine Insolvenzanfechtung ist und wie man sich dagegen wehren kann.

In aller Kürze: Wird über das Vermögen eines Firma oder Person das Insolvenzverfahren (diese Firma oder Person nennt man „Insolvenzschuldner“) eröffnet, dann kann der Insolvenzverwalter Zahlungen, welche der Insolvenzschuldner vor der Insolvenzeröffnung an seine Gläubiger geleistet hat, anfechten und vom Gläubiger zurückfordern. Ein Beispiel:

Fliesenleger F erhält vom Bauträger B einen Auftrag. F erledigt seine Arbeiten und stellt die vereinbarten 25.000 EUR am 1. März in Rechnung. B zahlt nicht. F mahnt mehrfach und beantragt einen Mahnbescheid. am 15. Juli endlich zahlt der B die 25.000 EUR. Am 1. September stellt B Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht. am 1. Oktober wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Der vom Gericht eingesetzte Insolvenzverwalter I schreibt nun am 5. Oktober den F an und fordert von diesem die erhaltenen 25.000 EUR zurück.

Diese Rückforderung ist schlussendlich die Insolvenzanfechtung. Der Insolvenzverwalter hat eine Zahlung des Insolvenzschuldners angefochten.

Die gesetzlichen Regelungen hierzu finden sich in der Insolvenzordnung, dort in den §§ 129 bis 147 InsO (Insolvenzordnung)

Welchen Sinn hat eine Insolvenzanfechtung?

Die Insolvenzanfechtung ist eines der Rechtsinstitute, das von Laien als am meisten ungerecht und am wenigsten verständlich angesehen wird (und das möglicherweise auch zu Recht). Denn es sorgt dafür, dass man unter Umständen Verdienste für eigene lange Arbeit zurückzahlen muss und unter anderem selbst in wirtschaftliche Bedrängnis oder gar Not hierdurch gerät. Grund dafür ist die eigentliche Systematik des Insolvenzverfahrens. Denn: Zweck eines Insolvenzverfahrens ist es, die

Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt

wird (§ 1 InsO). Das Insolvenzrecht stellt also die Gläubigergemeinschaft in den Vordergrund – dieser hat sich der einzelne unterzuordnen. Der Insolvenzverwalter ist im Verfahren der Gläubigergesamtheit verpflichtet und muss damit dafür sorgen, dass so viel wie möglich Masse erzeugt wird. Der Hintergrdanke einer Insolvenzanfechtung ist also, dass man Wohl der Gläubigergesamtheit der einzelne zurückstecken und zurückzahlen muss (unabhängig davon, ob er hierfür Leistungen erbracht hat).

Wer kann anfechten?

Insolvenzanfechtungen gehen immer vom Insolvenzverwalter aus, nur er kann anfechten. Unter Umständen beauftragt er mit der Anfechtung eine Rechtsanwaltskanzlei, die dann in seinem Namen tätig wird.

Wer ist Gegner der Anfechtung?

Die Insolvenzanfechtung richtet sich immer gegen Zahlungen und Leistungen des Insolvenzschuldners an seine Gläubiger. Anfechtungsgegner ist also immer ein Zahlungsempfänger (ehemaliger Gläubiger) oder Leistungsempfänger des Insolvenzschuldners. In den meisten Fällen also Dienstleister und Auftragnehmer des Insolvenzschuldners, welche vor der Insolvenzeröffnung Leistungen für diesen ausgeführt und dafür eine Entlohnung erhalten haben.

Was wird angefochten?

Angefochten werden können zunächst Zahlungen des späteren Insolvenzschuldners. Ebenso anfechtbar sind aber auch alle sonstigen Rechtshandlungen des Insolvenzschuldners, welche das Vermögen (= die spätere Insolvenzmasse) schmälern und verkleinern. Dazu gehören beispielsweise Verkäufe von Waren und Geschäftsausstattung unter Wert, Einkauf von Waren zu überhöhten Preisen, Schenkung von Sachen aus dem Geschäftsvermögen, Gewährung von Sicherheiten wie Grundschulden, Grundpfandrechten, Pfandrechten, Abtretung von Rechten, Verpfändungen, Belastungen von Grundstücken.

Welche Zahlungen / Handlungen können angefochten werden?

Wer bis hier gelesen hat stellt sich nun womöglich die Frage, ob es überhaupt noch möglich ist Geschäfte zu tätigen ohne permanent befürchten zu müssen, dass der Geschäftspartner in die Insolvenz gerät und man dann alles verdiente wieder zurückzahlen muss. Das ist es – denn ein Insolvenzverwalter kann nicht beliebig alle Zahlungen anfechten, Es müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, damit eine Zahlung angefochten werden kann.

Rückzahlung und Besicherung von Gesellschafterdarlehen

Regelmäßig anfechtbar ist die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen in einem Zeitraum von bis zu einem Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags (nicht vor Eröffnung des Verfahrens!). Das gleiche gilt für die Gewährung von Sicherheiten für die Gesellschafterdarlehen an den darlehensgebenden Gesellschafter – hier allerdings innerhalb eines Zeitraums von bis zu 10 Jahren (!) vor Stellung des Insolvenzantrags.

Eine Ausnahme hiervon gilt lediglich für Minderheitsgesellschafter.

Leistungen ohne entsprechende Gegenleistung

Zahlungen und Leistungen, welche der Insolvenzschuldner innerhalb von 4 Jahren vor Insolvenzantragstellung getätigt hat ohne dass dafür eine wirtschaftlich adäquate Gegenleistung erbracht wurde, sind immer anfechtbar. Dies betrifft sowohl Schenkungen, als auch Geschäfte, in denen absichtlich ein überhöhter Preis vereinbart wurde, um beispielsweise Ausfälle an anderer Stelle zu kompensieren. Ebenso erfasst ist hier das „Verramschen“ von Vermögenswerten in Kenntnis der drohenden Insolvenz (also wenn Vermögenswerte des Insolvenzschuldners noch schnell beiseite geschafft werden sollen – beispielsweise der Verkauf von Firmenfahrzeugen zu Schleuderpreisen).

Nicht anfechtbar sind hingegen Gelegenheitsgeschenke im üblichen / adäquaten Rahmen.

Leistungen an nahestehende Personen

Leistungen des Insolvenzschuldners an diesem „nahestehende“ Personen sind für den Insolvenzverwalter äußerst leicht anfechtbar. Das hat seinen Grund darin, dass das Gesetz die Vermutung birgt, eine nahestehende Person habe grundsätzlich Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage des (späteren) Insolvenzschuldners.

Was sind nahestehende Personen?

Zuerst sollten wir kurz klären, was „nahestehende“ Personen im Sinne der Insolvenzordnung sind. Dies sind bei einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG und ähnliche) beispielsweise

  • GmbH-Geschäftsführer
  • Vorstände
  • Aufsichtsräte
  • Prokuristen
  • leitende Angestellte
  • Komplementäre einer KG
  • OHG-Gesellschafter

Ist die Beteiligung gleich oder größer als 25 Prozent am Gesellschaftsvermögen, dann zählen zu den nahestehenden Personen auch

  • GmbH-Gesellschafter
  • Aktionäre
  • Kommanditisten

Bei Individualpersonen (im Rahmen einer rPrivatinsolvenz oder bei Einzelkaufleuten) zählen zu den nahestehenden Personen unter anderem

  • Ehepartner / Lebenspartner
  • nahe Verwandte

Welcher Zeitraum ist relevant?

Bei Anfechtung von Zahlungen / Leistungen an nahe Verwandte ist zunächst zu beachten, dass Zahlungen innerhalb der letzten drei Monate vor Insolvenzantragstellung fast immer anfechtbar sind. Ist nachweisbar, dass mit der Zahlung die Begünstigung eines einzelnen Gläubigers (und damit die Benachteiligung der anderen Gläubiger) erreicht werden sollte, dann sind diese Zahlungen innerhalb von zwei Jahren vor Insolvenzantragstellung anfechtbar.

Kann diese Anfechtung abgewehrt werden?

Da das Gesetz hier nur die Vermutung in sich trägt, die nahestehende Person habe von der wirtschaftlichen Krise gewusst, kann diese Vermutung widerlegt werden und somit die Anfechtung abgewendet werden.

Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung

Zahlungen und Leistungen, welche eine unmittelbare Benachteiligung der anderen Gläubiger nach sich ziehen, sind immer anfechtbar. Dies sind insbesondere Zahlungen in dem Zeitraum, in welchem der Insolvenzschuldner bereits zahlungsunfähig ist oder gar bereits Insolvenzantrag gestellt wurde. und der Zahlungsempfänger dies wusste (oder eine nahestehende Person ist, von der man ja ausgeht, dass sie es wusste). Zeitlich erfasst sind hier Zahlungen und Handlungen in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantrag, wurde die Zahlung an eine nahestehende Person geleistet, dann innerhalb der letzten 2 Jahre vor Insolvenzantrag.

Kongruente Zahlungen bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit

Zahlungen und Leistungen innerhalb von drei Monaten vor dem Insolvenzantrag sind auch dann anfechtbar, wenn es sich dabei um „konkruente Deckungen“ handelt, der Gläubiger aber Kenntnis von der bevorstehenden Insolvenz hatte. Hierbei handelt es sich um einen der – gerade für Handwerksbetriebe und Dienstleister – ärgerlichsten Fälle der Insolvenzanfechtung. Denn: „kongruente Deckung“ bedeutet, dass dem Grunde nach der Zahlungsempfänger einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf die empfangene Leistung oder Zahlung hatte. Beispiel: Ein Handwerker hat Arbeiten erbracht, eine Rechnung gestellt und diese nun bezahlt bekommen.

Diese „verdienten“ Zahlungen sind jedoch anfechtbar, wenn der Zahlungsempfänger von der Insolvenzreife des Schuldners wusste. Diese Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ist das größte Streitthema im Rahmen von Gerichtsprozessen in Bezug auf Insolvenzanfechtungen. Denn da sich diese Kenntnis selten beweisen lässt werden Indizien für die Kenntnis herangezogen. Dazu zählt beispielsweise, ob Forderungen mehrfach gemahnt werden mussten, Ratenzahlungen vereinbart wurden und ähnliches.

Fixe Kriterien, wann diese Kenntnis vorlag oder eben nicht, bestehen nicht. In jedem Fall ist hier einzeln zu erörtern, woraus der Insolvenzverwalter die Kenntnis herleitet und wie hoch das Risiko eines möglichen Gerichtsprozesses sein wird.

Inkongruente Zahlungen = Gläubigerbevorzugung

Oben haben wir bereits geschildert, dass kongruente Zahlungen solche sind, bei denen der Empfänger eine fällige und durchsetzbare Forderung als „Gegenstück“ besitzt. Bei inkongruenten Deckungen ist das genau umgekehrt. Hier hat der Empfänger gerade (noch) keinen fälligen Anspruch auf die Zahlung oder Leistung.

Zur Erklärung: Die Inkongruenz einer Deckung setzt nicht voraus, dass der Empfänger gar keinen Anspruch auf die Leistung hat. Laut Gesetzt liegt die Inkongruenz vor, wenn der Empfänger eine Zahlung oder Leistung erhalten hat, welcher er „nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte“. Beispiel: Der Insolvenzschuldner gewährt einem Kreditgeber mehr Sicherheiten als erforderlich. Oder ein Handwerker erbringt Leistungen, der Insolvenzschuldner zahlt bereits die voraussichtlichen Rechnungsbeträge, obwohl noch gar keine Rechnung gestellt wurde.

Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung

Erbringt der (spätere) Insolvenzschuldner Leistungen oder Zahlungen vorsätzlich, um damit andere Gläubiger zu schädigen, dann sind diese Zahlungen und Leistungen immer anfechtbar. Je nachdem, ob bereits Zahlungsunfähigkeit vorlag und ob der Empfänger der Zahlung oder Leistung von beiden Umständen Kenntnis hatte, sind diese Zahlungen bis zu 10 Jahre vor Insolvenzantragstellung anfechtbar.

Nicht anfechtbar: Bargeschäfte

Nicht angefochten werden können sogenannte Bargeschäfte. Bargeschäfte setzen nicht zwingend voraus, dass eine Leistung tatsächlich in Bar bezahlt wird. Vielmehr liegt ein Bargeschäft dann vor, wenn Leistung und Preis in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, Leistungserbringung und Zahlung in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen (die Zahlung darf maximal 30 Tage nach Leistungserbringung erfolgen) und das Geschäft die anderen Gläubiger nicht benachteiligt.

Muss ich tatsächlich Zahlungen an den Insolvenzverwalter leisten?

Ist eine Anfechtung begründet, dann müssen selbstverständlich die geforderten Summen an den insolvenzverwalter gezahlt werden. Erfolgt keine Zahlung, dann wird der Insolvenzverwalter Sie auf Zahlung verklagen und gegebenen Falles die Zwangsvollstreckung gegen Sie einleiten.

Wie kann man sich gegen eine Insolvenzanfechtung wehren?

Zunächst sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen und prüfen lassen, ob der Anfechtungsanspruch berechtigt ist. Sollte man dann feststellen, dass der Anspruch unberechtigt ist sollte bereits außergerichtlich durch einen Anwalt versucht werden, die Forderung des Insolvenzverwalters abzuwenden.

Sollte man jedoch im Rahmen der Prüfung feststellen, dass die Forderung berechtigt ist – oder zumindest sein könnte – dann ist es ratsam, über den beauftragten Rechtsanwalt  mit dem Insolvenzverwalter in Kontakt zu treten und an einem außergerichtlichen Vergleich zu arbeiten. Aufgrund der großen Unsicherheiten bei Anfechtungsprozessen und den damit verbundenen Kosten und dem Zeitverlust sind Insolvenzverwalter fast immer bereit, einen Vergleich zu treffen statt jedenfalls eine Klage anzustrengen.

Lassen sich Insolvenzanfechtungen vermeiden?

Insolvenzanfechtungen lassen sich mit gewissem Aufwand vermeiden. Einerseits sind Anfechtungen bei Bargeschäften nicht möglich – wenn Sie also die Möglichkeit haben, Vorkasse zu verlangen oder Ihre Rechnungsposten unmittelbar einzuziehen, dann sollten Sie dies tun.

Bei Dienstleistern, die auf Rechnungsbasis tätig sind, lässt sich das Risiko von Insolvenzanfechtungen durch Compliance- und Controllingmaßnahmen im Bestellwesen und Rechnungswesen eindämmen. Bei Fragen hierzu stehen wir Ihnen gerne persönlich zur Verfügung.

Daneben besteht die Möglichkeit, spezielle Ausfallversicherungen gegen Insolvenzanfechtungen abzuschließen.

 


Hier erhalten Sie weitere Informationen zu unserer Tätigkeit im Zusammenhang mit Insolvenzanfechtungen.

Hier erhalten Sie weitere Informationen zu unseren Tätigkeitsbereichen im Insolvenzrecht.

 

Die Insolvenzanfechtung ist eines der für juristische Laien am wenigsten nachzuvollziehenden Rechtsinstrumente – dabei stellt sie gleichzeitig gerade für gesunde Unternehmen eine immense und dauerhaft bestehende Bedrohung dar.

Insolvenzanfechtung ist eine existenzbedrohende Gefahr für Unternehmen

Hierauf ist nun wohl auch das Wirtschaftsressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aufmerksam geworden – jedenfalls nahm die Redaktion es zum Anlass, heute diesen Artikel zum Thema zu veröffentlichen.

Wie die Redakteure der FAZ richtig feststellen – die Insolvenzanfechtung ist eine Gefahr, mit welcher die allermeisten Unternehmen und Unternehmer zu keiner Zeit richten. Alleine das Rechtskonstrukt ist so gestaltet, dass es einem nicht fachkundigen vom Grunde auf nicht verständlich erscheint. Woran das liegt ist einfach erklärt: Die einschlägigen Paragraphen 129 bis 147 der Insolvenzordnung bieten dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit, Zahlungen des Schuldners, welche dieser an seine Gläubiger bis zu 10 Jahre vor Insolvenzeröffnung (!) geleistet hat, von seinen Gläubigern zurückzufordern. Beispiel: Hat ein Bauunternehmer für seinen Bauherrn im Jahr 2011 ein Gebäude mangelfrei errichtet und hierfür seinen Unternehmerlohn erhalten, dann kann der Insolvenzverwalter – wenn über das Vermögen des früheren Bauherren das Insolvenzverfahren eröffnet wird – unter gewissen Umständen alle Zahlungen an den Bauunternehmer zurückfordern, auch wenn dessen Leistung einwandfrei war. Gerade bei Bauunternehmungen oder langjährigen Geschäftsbeziehungen können hier schnell Forderungen in sechs- oder siebenstelliger geltend gemacht werden.

Ansprüche aus Insolvenzanfechtung gerichtlich durchsetzbar

Kommt das Schreiben des Insolvenzverwalters, in welchem dieser auf einmal – selbstredend unter kurzer Zahlungsfrist – mehrere zehn-, hunderttausend oder gar Millionen Euro geltend macht und zurückfordert, wird dies von vielen Verpflichteten zunächst garnicht ernst genommen, da die Forderung als solche zunächst absurd erscheint. Dem ist indes keineswegs so, denn: Die Anfechtungsansprüche sind gesetzlich verankert und damit gerichtlich durchsetzbar und der Verwalter ist verpflichtet, diese geltend zu machen.

Gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger als Ziel des Insolvenzverfahrens

Um das System der Insolvenzanfechtung und den Hintergrund des ganzen zu verstehen, muss man sich zunächst darüber klar werden, welches Ziel das Insolvenzverfahren überhaupt verfolgt. Dieses Ziel ist – neben der gegebenen Falles möglichen – Sanierung und Fortführung des insolventen Unternehmens die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger nach Quoten. Die Kehrseite dieser gleichmäßigen Befriedigung ist, dass eine Bevorzugung einzelner Gläubiger ausgeschlossen werden soll. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Bestellung des Insolvenzverwalters sorgt dieser dafür, dass die Gleichbehandlung der Gläubiger gewahrt wird. Die meisten Fälle der Bevorzugung einzelner Gläubiger geschehen allerdings vor Eröffnung des Verfahrens, nämlich dann, wenn der spätere Insolvenzschuldner in Kenntnis seiner (drohenden oder baldigen) Zahlungsunfähigkeit Rechnungen an einen Gläubiger bezahlt und an die anderen nicht. Die Gründe hierfür können vielfältig sein – von der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung einer Lieferkette bis hin zu persönlichen Freundschaften und Vorzügen.

(Vermutete) Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit begründet den Anfechtungsanspruch

Der Gesetzgeber sagt nun, dass gerade diese ungerechtfertigten Befriedigungen einzelner Gläubiger vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gerechtfertigt seien sollen und bietet dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit, diese Zahlungen anzufechten. Die Grundlage dieser Anfechtungsansprüche ist, dass der Gläubiger, welcher die Zahlung entgegennimmt, gewusst hat, oder gewusst haben könnte (!), dass der zahlende Schuldner sich in Zahlungsschwierigkeiten befindet. Wichtig hierbei: Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit kann vom streitentscheidenden Gericht auch vermutet werden!

Die Frage, wann eine solche Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit vorlag, füllt ordnerweise Gerichtsakten und Entscheidungsbände, sie ist äußerst diffizil zu beantworten. Grob gesagt kann von einer Kenntnis der Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners ausgegangen werden, wenn dieser nur auf Mahnungen hin zahlt, Forderungen tituliert werden müssen, Ratenzahlungen gewährt werden und ähnliches. Jedenfalls liegt Kenntnis vor, wenn erkennbar vorsätzlich Zahlungen entgegengenommen werden, um sich als Gläubiger vor den anderen Gläubigern einen Vorteil zu erschaffen.

Anfechtungszeitraum bis zu 10 Jahre vor Insolvenzeröffnung.

Je nach Grad der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners variieren auch die Zeiträume, aus welchen Zahlungen angefochten werden können. Dies kann im Einzelfall bis zu 10 Jahre vor der Insolvenzeröffnung zurückreichen.

Lassen sich Anfechtungen vermeiden?

Die Redakteure der FAZ kommen in ihrem Artikel zu dem Schluss, dass man – um solche Anfechtungen zu vermeiden – im besten Fall eine Geschäftsbeziehung abbrechen muss, sobald das Gegenüber in den Mahnlauf gerät und Zahlungen verzögert eintreffen. Formaljuristisch wäre dies sicherlich die beste Lösung, allerdings wirtschaftlich ist ein solches Vorgehen sicherlich nicht vertretbar. Das Risiko, im Fall einer späteren Insolvenz des Schuldners mit Anfechtungsansprüchen konfrontiert zu werden, lässt sich jedoch durch ein entsprechendes Einkaufs- und Buchhaltungsmanegement minimieren. Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang.

Was tun, wenn eine Anfechtung eintrifft?

Wer also eine Insolvenzanfechtung von einem Insolvenzverwalter erhält, der sollte diese jedenfalls und dringend ernst nehmen! Die Forderung darf keinesfalls ignoriert werden. Denn: Der Verwalter ist von Gesetzes wegen verpflichtet, die Insolvenzmasse zu mehren – und damit auch Anfechtungsansprüche geltend zu machen und notfalls per Klage geltend zu machen. Ignoriert mann also die Forderung des Verwalters, dann sieht man sich meist recht bald einer Klage ausgesetzt, welche mit erheblichen weiteren Kosten verbunden ist.

Wir können an dieser Stelle nur raten, bei Erhalt einer Anfechtung sofort ins Gespräch mit einem spezialisierten Rechtsanwalt zu gehen und sich entsprechend beraten zu lassen. Denn zumeist sind die Ansprüche zwar begründet, durch geschickte Verhandlung lässt sich die Zahllast jedoch unter Vermeidung eines Prozessverfahrens erheblich verringern oder umgehen.

Was können wir für Sie tun?

Rechtsanwalt Tim Wullbrandt ist Experte auf dem Gebiet des Insolvenzrechts und verfügt über große Erfahrung auf dem Gebiet der Bearbeitung von Insolvenzanfechtungen. Haben Sie ein Anfechtungsschreiben eines Insolvenzverwalters erhalten? Wir stehen Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung, um die Berechtigung der Forderung und die Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen die Anfechtung zu prüfen. Hierfür rufen Sie uns einfach unverbindlich an oder senden Sie uns eine Mail:

Tim Wullbrandt | Rechtsanwalt | Heidelberg & WörrstadtWULLBRANDT Rechtsanwälte

RA Tim Wullbrandt

Heidelberg:
06221 / 3219270

Wörrstadt:
06732 / 9479599

E-Mail

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass sich die Auskunftspflicht eines GmbH-Geschäftsführers im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ausschließlich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft, nicht jedoch auf seine persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse bezieht.

Auskunftspflicht des Geschäftsführers nur hinsichtlich GmbH, nicht jedoch privat

Nach dem Leitsatz der Entscheidung BGH, Beschluss vom 05.03.2015 – IX ZB 62/14 hat der Geschäftsführer über die rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse der von ihm vertretenen Gesellschaft einschließlich gegen Gesellschafter und ihn selbst gerichteter Ansprüche Auskunft zu erteilen, wenn gegen die GmbH das Insolvenzverfahren beantragt wird. Er ist hingegen nicht verpflichtet, über seine eigenen Vermögensverhältnisse und die Realisierbarkeit etwaiger gegen ihn gerichteter Ansprüche Angaben zu machen.

Der Fall: Insolvenzantragstellerin beantragt Haft gegen GmbH-Geschäftsführer

Die Insolvenzantragstellerin, eine gesetzliche Krankenversicherung, beantragte wegen Beitragsrückständen  die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M. GmbH. Die Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Schuldnerin hatte durch notariellen Vertrag ihren Geschäftsanteil an der Schuldnerin im Nennbetrag von 25 000 EUR für einen Kaufpreis von 3 000 EUR an K veräußert. Anschließend berief der neue Alleingesellschafter K die Geschäftsführerin der GmbH ab und übernahm selbst diese Funktion.

Sachverständiger verlangt Auskunft über private Vermögensverhältnisse

Zur Aufklärung des Sachverhalts ordnete das Insolvenzgericht dann die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen S an, den die ehemalige Geschäftsführerin über die inneren Verhältnisse der GmbH unterrichtete. Der Sachverständige forderte sie ebenfalls – jedoch ohne Erfolg – auf, außerdem über ihre eigenen Vermögensverhältnisse Auskunft zu erteilen, um die Werthaltigkeit etwaiger gegen sie gerichteter Erstattungsansprüche – insbesondere solcher aus § 64 GmbHG – prüfen zu können. Das Insolvenzgericht erneuerte diese Aufforderung mit dem Hinweis, dass bei einer Verweigerung der Auskunft ein Vorführungs- oder Haftbefehl erlassen werden könne.

Insolvenzgericht erlässt Vorführbeschluss gegen Geschäftsführerin und ordnet Haft an

Den gegen die ehemalige Geschäftsführerin erlassenen Vorführungsbeschluss  hob das Insolvenzgericht durch Beschluss wieder auf, nachdem sie durch Anwaltsschriftsatz mitgeteilt hatte, auch im Rahmen einer Vorführung keine Auskunft zu erteilen.
Daraufhin ordnete das Gericht durch weiteren Beschluss gegen die ehemalige Geschäftsführerin Haft an, um eine umfassende Auskunft über ihr eigenes Vermögen zu erzwingen. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragte sie nun die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Haftanordnung.

BGH: Rechtsbeschwerde ist zulässig

Der BGH entschied nun mit dem hier besprochenen Beschluss, dass die Rechtsbeschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen.


 

Die Entscheidung im Volltext:

BGH, Beschluss vom 05.03.2015IX ZB 62/14

Tenor

Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 2 werden der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 3. September 2014 und der Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 12. Mai 2014 aufgehoben.

Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Beteiligte zu 1), eine gesetzliche Krankenversicherung, beantragte wegen Beitragsrückständen am 3. Juni 2013 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M. GmbH (nachfolgend: GmbH). Die weitere Beteiligte zu 2 (fortan: Beteiligte zu 2) war Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Schuldnerin. Durch notariellen Vertrag vom 12. März 2013 übertrug die Beteiligte zu 2 ihren Geschäftsanteil an der Schuldnerin im Nennbetrag von 25.000 € zu einem Kaufpreis von 3.000 € an K. . Anschließend berief der neue Alleingesellschafter die Beteiligte zu 2 als Geschäftsführerin der GmbH ab und übernahm selbst diese Funktion.

Zur Aufklärung des Sachverhalts ordnete das Insolvenzgericht am 13. August 2013 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch den weiteren Beteiligten zu 3 (fortan: Beteiligter zu 3) an, den die Beteiligte zu 2 über die inneren Verhältnisse der GmbH unterrichtete. Der Beteiligte zu 3 forderte die Beteiligte zu 2 ohne Erfolg auf, außerdem über ihre eigenen Vermögensverhältnisse Auskunft zu erteilen, um die Werthaltigkeit etwaiger gegen sie gerichteter Erstattungsansprüche – insbesondere solcher aus § 64 GmbHG – prüfen zu können. Das Insolvenzgericht erneuerte diese Aufforderung mit dem Hinweis, dass bei einer Verweigerung der Auskunft ein Vorführungs- oder Haftbefehl erlassen werden könne. Den gegen die Beteiligte zu 2 erlassenen Vorführungsbeschluss vom 30. April 2014 hob das Insolvenzgericht durch Beschluss vom 12. Mai 2014 auf, nachdem die Beteiligte zu 2 durch Anwaltsschriftsatz mitgeteilt hatte, auch im Rahmen einer Vorführung keine Auskunft zu erteilen.

Durch weiteren Beschluss vom 12. Mai 2014 hat das Insolvenzgericht gegen die Beteiligte zu 2 Haft angeordnet, um eine umfassende Auskunft über ihr eigenes Vermögen zu erzwingen. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Beteiligte zu 2 die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Haftanordnung.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 6 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 3 Satz 3 InsO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen.

1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung bei ZInsO 2015, 411 abgedruckt ist, hat ausgeführt, der Geschäftsführer einer GmbH sei als deren organschaftlicher Vertreter auskunftspflichtig, wenn er wie die Beteiligte zu 2 nicht länger als zwei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Amt geschieden sei. Gegenstand der Auskunft seien auch Forderungen aus § 64 GmbHG, die der GmbH gegen die Beteiligte zu 2 als frühere Geschäftsführerin zustünden. Um die Werthaltigkeit dieser Forderungen beurteilen zu können, sei das Insolvenzgericht auf die Auskünfte der Beteiligten zu 2 zu ihren eigenen Vermögensverhältnissen angewiesen. Die Durchsetzbarkeit der Forderung sei für die Bestimmung der Ist-Masse ebenso bedeutsam wie ihr Bestand. Diese Würdigung stehe in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, derzufolge das Merkmal „alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse“ in § 97 InsO weit auszulegen sei. Das Gesetz sehe keine Auskunftspflicht außenstehender Dritter, sehr wohl aber der Geschäftsführer vor. Die Auskunftspflicht erstrecke sich auch auf Tatsachen, die geeignet seien, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass sich die Auskunftspflicht auch auf die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftsführers beziehe.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

a) Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Haft sind im Streitfall allerdings gegeben.

Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners aus § 97 InsO gelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 InsO auch im Insolvenzeröffnungsverfahren. Da sich das Eröffnungsverfahren hier gegen eine GmbH und damit nicht gegen eine natürliche Person richtet, sind gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO die Mitglieder des Vertretungsorgans zur Auskunft verpflichtet. Die Beteiligte zu 2, die binnen zwei Jahren vor Antragstellung als Geschäftsführerin der GmbH abberufen wurde, unterliegt gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 101 Abs. 1 Satz 2 InsO weiterhin einer Auskunftspflicht. Verweigert der Verpflichtete die Auskunft, kann das Gericht ihn gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 98 Abs. 2 Nr. 1 InsO zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen. Im Streitfall konnte vor Anordnung der Erzwingungshaft von einer weiteren Anhörung der Beteiligten zu 2 abgesehen werden, weil sie im Rahmen der Vorführungsanordnung auf die Möglichkeit der Haft hingewiesen worden war (MünchKomm-InsO/Stephan, 3. Aufl., § 98 Rn. 22). Die Auskunft kann auch gegenüber einem ehemaligen Vertretungsorgan wie der Beteiligten zu 2 im Wege der Haft erzwungen werden (MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 101 Rn. 24b; Jaeger/ Schilken, InsO, § 101 Rn. 21; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 101 Rn. 10). Aus der Haftanordnung geht hervor, dass von der Beteiligten zu 2 umfassende Auskunft über ihr Vermögen (Einkommen, Forderungen gegen Dritte, bewegliches und unbewegliches Vermögen, Konto- oder Versicherungs- und Wertpapierguthaben, Beteiligungen pp) verlangt wird. Damit sind die Mitwirkungspflichten der Beteiligten zu 2 hinreichend konkretisiert worden (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 – IX ZB 62/04, BGHZ 162, 187, 196 ff).

b) Jedoch hat die Beteiligte zu 2 den sie gemäß § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 1 Satz 2 InsO als ehemalige Geschäftsführerin im Eröffnungsverfahren treffenden Auskunftspflichten genügt. Da sich die Auskunftspflicht auf die Verhältnisse der Schuldnerin beschränkt, ist die Beteiligte zu 2 nicht verpflichtet, im Blick auf die Durchsetzbarkeit gegen sie gerichteter, auf § 64 GmbHG beruhender Ansprüche Angaben zu ihren persönlichen Vermögensverhältnissen zu machen.

aa) Die Regelung des § 101 Abs. 1 Satz 2 InsO will dem Missbrauch begegnen, dass Geschäftsleiter ihr Amt in der Krise niederlegen, um sich ihren verfahrensrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen (HK-InsO/Kayser, aaO § 101 Rn. 1; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 101 Rn. 23; Schmidt/Jungmann, InsO, 18. Aufl., § 101 Rn. 9). Vor diesem Hintergrund unterliegen die ehemaligen Mitglieder des Vertretungsorgans nicht einer lediglich subsidiären Auskunftspflicht, die erst eingreift, wenn neu bestellte Organe die Auskunft nicht erteilen können oder wollen (in diesem Sinne aber Henssler, ZInsO 1999, 121, 124; Jaeger/Schilken, aaO § 101 Rn. 21). Vielmehr ist der Auskunftspflicht im Interesse einer effektiven Verfahrensförderung auch dann uneingeschränkt zu genügen, wenn neu bestellte Vertretungsorgane vorhanden sind (Schmidt/ Jungmann, aaO § 101 Rn. 12).

bb) Die Auskunftspflicht des Geschäftsführers einer GmbH erstreckt sich inhaltlich auf sämtliche rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft. In diesem Rahmen hat er auch Tatsachen zu offenbaren, die Forderungen der insolventen Gesellschaft gegen ihn selbst – etwa aus § 64 GmbHG – nahelegen können. Keine Auskunft ist hingegen über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse zu geben.

(1) Auskunft ist nach §§ 20, 97 InsO über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse zu erteilen. Dieser Begriff ist weit auszulegen und umfasst alle rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die für das Verfahren in irgendeiner Weise von Bedeutung sein können. Die Verpflichtung zur Auskunft ist nicht davon abhängig, dass an den Schuldner entsprechende Fragen gerichtet werden. Der Schuldner muss vielmehr die betroffenen Umstände von sich aus, ohne besondere Nachfrage offenlegen, soweit sie offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zutage liegen (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2010 – IX ZB 126/08, WM 2010, 524 Rn. 5; vom 15. April 2010 – IX ZB 175/09, WM 2010, 976 Rn. 9; vom 17. März 2011 – IX ZB 174/08, WM 2011, 760 Rn. 7; vom 8. März 2012 – IX ZB 70/10, ZInsO 2012, 751 Rn. 13; vom 22. November 2012 – IX ZB 23/10, ZInsO 2013, 138 Rn. 4; vom 11. April 2013 – IX ZB 170/11, WM 2013, 1030 Rn. 18). Von dem Geschäftsführer einer GmbH ist namentlich über alle Aktiva und Passiva der Gesellschaft, also sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten, Auskunft zu erteilen (MünchKomm-InsO/Stephan, 3. Aufl., § 97 Rn. 14a; HK-InsO/ Kayser, 7. Aufl., § 97 Rn. 11; Schmidt/Jungmann, InsO, 18. Aufl., § 97 Rn. 8; Jaeger/Schilken, aaO § 97 Rn. 17; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 97 Rn. 6). Die Auskunftspflicht des Geschäftsführers erstreckt sich auch auf die tatsächlichen Umstände, durch die Forderungen der Gesellschaft oder gegen sie gerichtete Verbindlichkeiten entstanden sind (MünchKomm-InsO/Stephan, aaO; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, aaO).

(2) Ansprüche der insolventen Gesellschaft gegen Gesellschafter und Geschäftsführer sind Bestandteil der Insolvenzmasse. Die Auskunftspflicht dient darum auch dem Zweck, Ansprüche des insolventen Unternehmens gegen Gesellschafter oder Geschäftsführer aufzudecken (Pape/Uhländer/Wedekind, InsO, § 97 Rn. 25; Stobbe, Die Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche der GmbH in Insolvenz und masseloser Liquidation, 2001, Rn. 37). Mit Rücksicht auf den Vorrang der Gläubigerinteressen sind von den Geschäftsführern folglich Informationen zu offenbaren, die sich zum Nachteil der Gesellschafter oder auch zum eigenen Nachteil auswirken können (Henssler, ZInsO 1999, 121, 123). Da der Geschäftsführer selbst zur Offenbarung solcher Tatsachen verpflichtet ist, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen (Jaeger/Schilken, aaO § 101 Rn. 15), hat er auch Umstände preiszugeben, die eine Forderung des insolventen Unternehmens gegen ihn begründen (Henssler, aaO; Uhlenbruck, Festschrift Kreft, S. 543, 556). Im Blick auf Forderungen der Gesellschaft gegen Gesellschafter hat der Geschäftsführer etwa auf Ansprüche aus Kapitalersatz und auf Leistung von Nachschüssen hinzuweisen (Henssler, aaO; Jaeger/Schilken, aaO; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 97 Rn. 11). Ebenso hat der Geschäftsführer Umstände offenzulegen, die Ansprüche der Gesellschaft gegen ihn selbst, sei es aus §§ 43, 64 GmbHG oder anderen Vorschriften, nahelegen können (Henssler, aaO; Stobbe, aaO Rn. 36, 38; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 97 Rn. 7; HmbKomm-InsO/Herchen, 5. Aufl., § 97 Rn. 12).

(3) Da die Auskunftspflicht der organschaftlichen Vertreter aus § 101 Abs. 1 InsO auf das Vermögen der früher oder gegenwärtig von ihnen geleiteten Gesellschaft bezogen ist, sind sie jedoch entgegen der Auffassung der Vordergerichte nicht verpflichtet, über ihre eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Realisierbarkeit gegen sie gerichteter Forderungen Auskünfte zu erteilen.

Ist der Schuldner keine natürliche Person, treffen die Verpflichtungen aus § 97 InsO die organschaftlichen Vertreter des Schuldners (BT-Drucks. 12/2443, S. 143). Die Vorschrift des § 101 Abs. 1 InsO stellt eine Ergänzung des § 97 InsO dar (HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 101 Rn. 1), indem sie die Organvertreter zu einer Auskunftserteilung nach Maßgabe des § 97 InsO verpflichtet (HK-InsO/Kayser, aaO § 101 Rn. 6). Folglich obliegen den Organen die gleichen insolvenzverfahrensrechtlichen Verpflichtungen wie dem Schuldner (Münch-Komm-InsO/Stephan, 3. Aufl., § 101 Rn. 21). Die Geschäftsführer haben damit Auskunftspflichten im Umfang des § 97 Abs. 1 InsO zu genügen (Jaeger/ Schilken, aaO § 101 Rn. 15; Uhlenbruck in Festschrift Kreft, 2004, S. 543, 548).

Dem Wortlaut des § 101 Abs. 1 InsO und dem Regelungszusammenhang mit § 97 Abs. 1 InsO kann sonach entnommen werden, dass die Auskunftspflichten der Organvertreter auf die Verhältnisse der insolventen oder mit einem Insolvenzantrag konfrontierten Gesellschaft beschränkt sind. Da die Auskunftspflicht an die Vertreterstellung anknüpft, kann von dem Organ nur Auskunft über die Vermögensverhältnisse der von ihm vertretenen Gesellschaft, aber nicht über seine eigenen Vermögensverhältnisse verlangt werden. Aus dem Umstand, dass bei einer juristischen Person die Auskunft nur durch die Organvertreter erteilt werden kann, folgt keine Erweiterung der Auskunftspflicht auch auf die persönlichen Verhältnisse dieser Personen (vgl. Stobbe, Die Durchsetzung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche der GmbH in Insolvenz und masseloser Liquidation, 2001, Rn. 38). Eine Auskunftspflicht hinsichtlich rechtlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher Verhältnisse einer dritten, an dem Verfahren nicht beteiligten Person findet im Gesetz keinen Anhalt. Die Auskunftspflicht des Geschäftsführers einer GmbH beschränkt sich darum ausschließlich auf das Vermögen und die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft. Ebenso wenig wie von einem Schuldner verlangt werden kann, über die Verhältnisse einer GmbH, deren Geschäftsführer er ist, Auskunft zu erteilen (LG Dortmund, NZI 2005, 459; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 97 Rn. 7), besteht eine Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH, gegen die ein Insolvenzantrag gestellt wurde, seine persönlichen Vermögensverhältnisse zu offenbaren. Auskunftsansprüche gegen den Geschäftsführer umfassen darum nicht Angaben hinsichtlich der Realisierbarkeit gegen ihn gerichteter Haftungsansprüche (Uhlenbruck in Festschrift Kreft, 2004, S. 543, 554 ff; ders., InsO, 13. Aufl., § 97 Rn. 7; aA HmbKomm-InsO/Herchen, 5. Aufl., § 97 Rn. 12). Bei dieser Sachlage sind die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Da der Rechtsbeschwerdeführerin keine Partei im zivilprozessrechtlichen Sinne gegenübersteht, scheidet eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten nach § 4 InsO in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO trotz des Obsiegens im Verfahren aus (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2012 – IX ZB 15/11, ZInsO 2012, 455 Rn. 9 mwN).

Kayser Gehrlein Vill Fischer Grupp Vorinstanzen:

Vorinstanzen:

AG Münster, Entscheidung vom 12.05.2014 – 86 IN 21/13 –

LG Münster, Entscheidung vom 03.09.2014 – 5 T 326/14 –

(Quelle: openjur.de – Link)

Mit seiner Entscheidung vom 06.03.2015, Aktenzeichen 11 U 222/13 (Vorinstanz LG Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 28. Februar 2013, Geschäfts-Nr. 413 HKO 40/12) macht das OLG Hamburg Ausführungen zur Haftung des Vorstands und Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft im Zusammenhang mit verbotswidrigen Zahlungen auf debitorisch geführte Konten und äußert sich gleichzeitig über die Auswirkung einer Globalzession auf die Verbotswidrigkeit von Zahlungen als solche.

Globalzession verhindert Schmälerung der Masse

Im Hinblick auf die Verbotswidrigkeit einzelner Zahlungen hält das OLG fest, dass der Einzug von Forderungen auf ein debitorisch geführtes Konto dann nicht zu einer Masseschmälerung bei der insolvenzreifen Gesellschaft führt, wenn diese Forderungen von einer Globalabtretung erfasst werden.

Dem klagenden Insolvenzverwalter sei zwar insoweit zu folgen, als dass für den Fall der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft die Entgegennahme von Zahlungen auf ein debitorisch geführtes Konto eine verbotene Zahlung im Sinne des § 93 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] AktG darstellen kann. Dies rechtfertige sich daraus, dass durch einen Zahlungseingang auf einem debitorischen Konto das Aktivvermögen der Gesellschaft zu Lasten ihrer Gläubigergesamtheit (und zum Vorteil der Bank) in gleicher Weise geschmälert wird wie bei einer Auszahlung aus dem Barvermögen der Gesellschaft  In beiden Fällen wird der Insolvenzmasse zugunsten der Befriedigung eines Gläubigers ein Betrag entzogen, der anderenfalls zur (teilweisen) Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Demgegenüber sei vorliegend aber davon auszugehen, dass die Insolvenzmasse durch die klagegegenständlichen Einzahlungen auf die betreffenden Konten der Schuldnerin nicht geschmälert worden ist. Sämtliche Forderungen gegenüber Drittschuldnern der Schuldnerin waren nämlich bereits durch eine Globalabtretungsvereinbarung an eine (kreditgebende) Bank abgetreten, standen der Schuldnerin hiernach rechtlich und mit Rücksicht auf deren gegenüber der Bank bestehende Verbindlichkeiten auch wirtschaftlich nicht mehr zu und konnten damit schon vor den jeweiligen Zahlungsvorgängen nicht mehr Bestandteil des der Verpflichtung zum Masseerhalt unterliegenden Vermögens der Schuldnerin sein.

 Hier die Entscheidung im Volltext:

OLG Hamburg, Urteil vom 06.03.2015, Aktenzeichen 11 U 222/13

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 28. Februar 2013, Geschäfts-Nr. 413 HKO 40/12, wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
  3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Ergänzend hierzu wird festgestellt:

Der Kläger nimmt die Beklagten als Vorstände und Aufsichtsräte der S. AG (im Folgenden: die Schuldnerin) auf die Erstattung von Einzahlungen auf zwei debitorisch geführte Bankkonten der Schuldnerin in Anspruch, die nach der von ihm behaupteten Insolvenzreife der Schuldnerin dort eingegangen sind.

Die im Bereich des Imports und Handels mit Möbeln und Wohnaccessoires tätige Schuldnerin, die über ein Grundkapital von DM 500.000,00 verfügt und zuletzt zwölf Mitarbeiter beschäftigte, unterhielt Bankverbindungen mit der Sparkasse H. und der V-Bank. Im Rahmen ihrer Geschäftsverbindung zur V-Bank kam es im Anschluss an entsprechende vorangegangene Vereinbarungen vom 30. Juli 1993 und vom 13. Juli 1995 am 26. Mai 2005 zum Abschluss einer Globalabtretungsvereinbarung (Anlagen B 1+2/3 = B 3.2 = B 1), durch die die Schuldnerin sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr an die V-Bank abtrat. Die Beklagten zu 1. und 2. hatten sich nach der Behauptung des Klägers darüber hinaus in Höhe von bis zu € 689.000,00 für die Forderungen der V-Bank gegenüber der Schuldnerin ebenso verbürgt wie deren Ehefrauen, bei denen es sich um die beiden alleinigen Aktionäre der Schuldnerin handelt.

Nach der Behauptung des Klägers erfolgten in der Zeit vom 1. Februar bis zum 9. August 2007 auf dem durchgehend debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. Zahlungseingänge in Höhe von insgesamt € 346.631,06. Auf dem ebenfalls durchgehend debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der V-Bank erfolgten nach der Behauptung des Klägers in der Zeit vom 1. Februar bis zum 12. September 2007 Zahlungseingänge in Höhe von insgesamt € 988.477,99.

Am 10. August 2007 beantragten die Beklagten zu 1. und 2., die Vorstände der Schuldnerin, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen. Das Insolvenzverfahren wurde nachfolgend am 13. September 2007 unter gleichzeitiger Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter eröffnet. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 13. August 2007 (Anlage B 3 = B 5/9) war der Kläger zuvor zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden.

Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1., 2., 4. und 5. am 25. Februar 2012 und gegen den Beklagten zu 3. am 28. Februar 2012 Klage erhoben, mit der er die Beklagten in Höhe von insgesamt € 1.335.109,05 gesamtschuldnerisch auf die Erstattung der nach seiner Behauptung seit dem 1. Februar 2007 auf den beiden Konten der Schuldnerin bei der Sparkasse H. und bei der V-Bank eingegangenen Zahlungen in Anspruch nimmt.

Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei bereits spätestens seit dem Jahr 2006, jedenfalls aber seit dem 1. Februar 2007 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin habe sich nach dem Ergebnis der Auswertung der Insolvenztabelle (Anlage K 1) schon daraus ergeben, dass seit dem 1. Januar bzw. seit dem 1. Februar 2007 Verbindlichkeiten der Schuldnerin in Höhe von € 52.929,87 bzw. in Höhe von € 63.401,23 fällig gewesen seien, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nicht mehr erfüllt worden seien. Diese Verbindlichkeiten der Schuldnerin seien im Insolvenzverfahren auch bereits, was also solches unstreitig gewesen ist, in Höhe von € 44.341,77 festgestellt worden.

Der Kläger hat die von ihm geltend gemachte Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin darüber hinaus auch aus offenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber deren Vermieterin, der A. KG, aus der Anmietung von Garagencontainern hergeleitet. Hieraus hätten sich ausweislich eines Schreibens der Vermieterin vom 7. Februar 2007 (Anlage K 2) per 1. Februar 2007 offene Verbindlichkeiten der Schuldnerin in Höhe von weiteren € 25.000,00 ergeben. Auch wenn davon auszugehen sein sollte, dass die seitens der Schuldnerin insoweit für die Jahre seit 2002 geschuldeten Mietzahlungen von beiden Vertragsparteien schlicht vergessen worden und erst Anfang 2007 wieder in Erinnerung gelangt seien, so sei der Schuldnerin eine Gelegenheit zur ratenweisen Erfüllung dieser Verbindlichkeiten im Februar 2007 doch lediglich deshalb eingeräumt worden, weil sie gegenüber der Vermieterin ausdrücklich erklärt habe, den Rückstand nicht sogleich erfüllen und in dieser Höhe auch nicht binnen drei Wochen Kredit erlangen zu können, was wiederum auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zurückweise.

Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergebe sich zudem aber auch noch daraus, dass ausweislich eines Mahnschreibens der Vermieterin vom 23. Mai 2007 (Anlage K 2a) die für die Geschäftsräume insoweit geschuldete laufende Miete für April 2007 in Höhe von € 11.778,70 bis dahin noch nicht gezahlt worden sei und sich unter Berücksichtigung auch der beiden bereits für April und Mai 2006 in Höhe von € 11.778,70 und € 12.312,49 rückständig gebliebenen Mieten sowie der in Höhe von weiteren € 5.911,62 aus der Betriebskostenabrechnung für 2005 ausstehenden Restforderung ein Gesamtbetrag offener Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt € 61.443,61 ergeben habe. Die Schuldnerin habe sich insoweit über Monate die Stundung ihrer Verbindlichkeiten erzwungen. Eine Ratenzahlungsvereinbarung sei auch in der Folgezeit nicht mehr zustande gekommen, die Schuldnerin habe trotz Aufforderungen der Vermieterin schlicht nicht gezahlt.

Ferner hat der Kläger behauptet, die Schuldnerin habe sich gegenüber einer weiteren Gläubigerin, der M. GmbH, in einer – seitens des Klägers allerdings nicht eingereichten – E-Mail vom 11. April 2007 ebenfalls dahin geäußert, offene Forderungen dieser Gläubigerin in Höhe von € 42.425,44 nur im Wege der Ratenzahlung erfüllen zu können. Nur auf der Grundlage dieser eigenen Erklärung der Schuldnerin sei nachfolgend am 20. April 2007 eine entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung (Anlagen K 3 und K 4) tatsächlich zustande gekommen. Die dieser Vereinbarung zu Grunde liegende Erklärung der Schuldnerin, zum sofortigen Rechnungsausgleich nicht in der Lage zu sein, lasse wiederum den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu. Namentlich sei eine der in diese Ratenzahlungsvereinbarung einbezogenen Rechnungen der M. GmbH vom 27. Februar 2007 über € 32.712,15 bereits seit diesem Tag fällig gewesen und von der Schuldnerin gerade nicht zeitnah ausgeglichen worden. Die betreffende Ratenzahlungsvereinbarung sei zudem nachfolgend daran gescheitert, dass die Schuldnerin die am 15. Juli 2007 in Höhe von € 12.425,44 fällig gewordene letzte Rate schlicht nicht gezahlt habe.

Den gleichen Rückschluss auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin lasse schließlich auch die E-Mail-Korrespondenz der Schuldnerin mit einer Firma P. GmbH vom 11. Juni 2007 zu (Anlage K 5). Die Schuldnerin habe auch gegenüber dieser Gläubigerin um Ratenzahlung nachgesucht und hierdurch wiederum zumindest konkludent zu erkennen gegeben, nicht sämtliche dieser Gläubigerin gegenüber per 30. April 2007 in Höhe von € 28.498,57 bestehenden Verbindlichkeiten begleichen zu können.

Der Kläger hat darüber hinaus behauptet, die Schuldnerin sei bereits seit dem 31. Januar 2006 auch überschuldet gewesen. Hierfür hat der Kläger sich auf den am 16. Dezember 2006 erstellten Prüfbericht (Anlage K 6) zu dem auf diesen Stichtag erstellten Jahresabschluss der Schuldnerin bezogen, der die rückständigen Verbindlichkeiten der Schuldnerin aus den in den Vorjahren nicht gezahlten Mieten für Garagencontainer nicht ausgewiesen habe und auf dessen Grundlage schon deshalb eine Überschuldung der Schuldnerin im Umfang von zumindest € 23.344,17 festzustellen sei. Darüber hinaus sei aber auch davon auszugehen, dass die Daten bezüglich des als Aktiva ausgewiesenen Bestands an lagernder Ware fehlerhaft seien, zumindest seien diese Wertansätze anlässlich der Prüfung des Jahresabschlusses nicht gesondert überprüft worden. Es sei deshalb von einem Wertabschlag auf die Warenvorräte in Höhe von 10 % auszugehen, wodurch sich die bei der Schuldnerin eingetretene Überschuldung noch vergrößert habe.

Für den klagegegenständlichen Zeitraum ab dem 1. Februar 2007 ergebe sich die Überschuldung der Schuldnerin darüber hinaus auch aus einer von ihm selbst am 21. August 2007 erstellten „Arbeits-Bilanz“ zum 31. Januar 2007 (Anlage K 7), die wiederum nicht die rückständigen Verbindlichkeiten aus den Garagenmieten und zudem einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Verlust in Höhe von € 42.101,11 ausgewiesen habe. Tatsächlich hätte der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag sich unter Berücksichtigung eines weiteren neuerlichen Jahresfehlbetrags von € 180.232,52 allerdings auf € 166.091,52 belaufen müssen. Über stille Reserven habe die Schuldnerin nicht verfügt, namentlich habe sie kein eigenes Grundvermögen besessen. Für die von ihm geltend gemachte Überschuldung der Schuldnerin hat der Kläger sich ferner auf ein Sanierungskonzept der Unternehmensberatung E. vom 3. Juli 2009 (Anlage K 8) bezogen, in dem per 31. Januar 2007 ein negatives Kapital der Schuldnerin in Höhe von € 179.000,00 ausgewiesen worden sei. Auch mit Blick auf die Annahmen dieses Sanierungskonzepts gelte aber, dass sich wegen eines Wertansatzes für das Warenlager der Schuldnerin in zutreffender Höhe von höchstens € 500.000,00 in einem Überschuldungsstatus eine Überschuldung der Schuldnerin in Höhe von mindestens € 527.450,05 hätte ergeben müssen. Schließlich folge auch aus einer ebenfalls am 21. August 2007 von ihm erstellten „Arbeits-Bilanz“ zum 30. April 2007 (Anlage K 9) ein weiterer Fehlbetrag der Schuldnerin für das I. Quartal 2007 in Höhe von € 148.661,63.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagten zu 1. und 2. seien in Anbetracht der Krise, in der sich die Schuldnerin bereits spätestens seit dem Jahr 2006 befunden habe, zur laufenden Prüfung der Insolvenzreife der Schuldnerin verpflichtet gewesen und hätten nach Eintritt der Insolvenzreife dafür Sorge tragen müssen, dass Zahlungseingänge der Schuldnerin nicht auf die debitorischen Konten bei der Sparkasse H. und der V-Bank vereinnahmt worden und so lediglich diesen beiden Gläubigerinnen zugutegekommen wären. Die gleiche Verpflichtung habe auch den Beklagten zu 3. bis 5. als den Aufsichtsräten der Schuldnerin oblegen. Diese hätten schon aufgrund des Berichts über die Prüfung des Jahresabschlusses der Schuldnerin zum 31. Januar 2006 ebenfalls von der Unternehmenskrise Kenntnis gehabt und hiernach die Überwachung der Tätigkeit des Vorstands steigern müssen und dem Vorstand auch außerplanmäßige Berichtspflichten aufgeben müssen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu 1. bis 5. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 1.335.109,05 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1. und 2. haben behauptet, die Vermieterin der Geschäftsräume habe die im Jahr 2006 ausstehend gebliebenen zwei Monatsmieten, zu denen es im Übrigen im Zusammenhang mit Wassereintritten im Lager der Schuldnerin gekommen sei, ebenso wenig ernsthaft eingefordert wie dies auch betreffend die Mieten für Garagencontainer der Fall gewesen sei, die zuvor vergessen und erst im Jahr 2007 als offen festgestellt worden seien und zu deren ratierlicher Begleichung die Vermieterin sogleich ebenso bereit gewesen sei wie sogar auch noch zu einer per 1. Februar 2007 erfolgten Erweiterung der Mietfläche (vgl. Anlage B 1+2/11 = B 15).

Soweit der Kläger sich zur Begründung der Zahlungseinstellung der Schuldnerin auf Verbindlichkeiten gegenüber einer H. a/s bezogen hat, haben die Beklagten zu 1. und 2. behauptet, innerhalb der mit dieser seit 2005 bestehenden Geschäftsverbindung seien Warenlieferungen nicht aufgrund von Wareneinkäufen der Schuldnerin, sondern vielmehr zum Aufbau eines eigenen Warenbestands der H. a/s erfolgt, der von der Schuldnerin dann lediglich auf Provisionsbasis habe veräußert werden sollen. Hiernach sei von fälligen Zahlungsansprüchen zu den seitens des Klägers geltend gemachten Zeitpunkten nicht auszugehen, es seien vielmehr Verhandlungen über die gegenseitigen Forderungen und deren Fälligkeiten geführt worden, was sich auch aus der E-Mail-Korrespondenz mit der H. a/s vom 29. Juni und 2. Juli 2007 (Anlage B 1+2/4) ergebe. Hierin habe die H. a/s eine aktuelle Berechnung der gegenüber der Schuldnerin bestehenden Forderungen angekündigt und zugleich deren ratenweiser Abzahlung zugestimmt. Die sich hiernach ergebende Gesamtforderung in Höhe von € 10.989,26 sei dann Gegenstand einer Zahlungsvereinbarung geworden, die erst beginnend mit dem 1. September 2007 monatliche Zahlungen der Schuldnerin in Höhe von lediglich € 1.000,00 vorgesehen habe (Anlage B 1+2/6).

Hinsichtlich der Forderungen der P. GmbH gegenüber der Schuldnerin sei es, so haben die Beklagten zu 1. und 2. behauptet, so, dass dieses Unternehmen im Zuge der Übernahme des Lagerbestandes eines anderen Unternehmens beauftragt worden sei. Dieser Auftrag sei unsachgemäß ausgeführt worden, weshalb sich auch Differenzen über die Höhe der geschuldeten Vergütung ergeben hätten, die der Beklagte zu 1. in einem Aktenvermerk vom 5. September 2007 (Anlage B 1+2/8) festgehalten habe. Dies sei auch der Hintergrund für die per E-Mail geführte Korrespondenz über eine Ratenzahlung gewesen, ein Rückschluss auf eine etwaige Zahlungsunfähigkeit lasse sich hieraus nicht entnehmen. Von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits vor dem Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags sei auch unter Berücksichtigung einer am 21. Mai 2007 erstellten Cash-Flow-Berechnung (Anlage B 1+2/9 = B 5/6) nicht auszugehen, die bis einschließlich Mai 2007 eine ausreichende Liquidität der Schuldnerin ausgewiesen habe.

Von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei, so haben die Beklagten zu 1. und 2. weiter behauptet, auch deshalb nicht auszugehen, weil, was als solches unstreitig gewesen ist, der Schuldnerin am 31. Januar 2007 seitens eines Privatinvestors ein ungesichertes Darlehen in Höhe von € 100.000,00 zur Verfügung gestellt worden sei.

Auch von einer Überschuldung der Schuldnerin sei nicht auszugehen, diese habe sich schon gar nicht aus den über Jahre unbeglichen gebliebenen Mieten für die Garagencontainer ergeben können, weil diese zum Zeitpunkt der diese betreffenden Rückzahlungsvereinbarung teilweise sogar schon verjährt gewesen und erst mit dieser Vereinbarung auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt worden seien. Die Behauptung des Klägers, der Warenbestand der Schuldnerin sei mit nicht mehr als € 500.000,00 anzusetzen gewesen, stünde im Übrigen im Widerspruch zu dem im Rahmen des Insolvenzverfahrens seitens des Klägers erstellten Gutachten, in dem dieser, was als solches unstreitig gewesen ist, allein für den Lagerbestand der Schuldnerin bei der P. GmbH bereits einen Einstandswert in Höhe von € 493.000,00 zu Grunde gelegt habe. Unter Berücksichtigung der als solche ebenfalls unstreitigen Rangrücktrittserklärungen unter anderem der beiden Aktionärinnen der Schuldnerin, wie diese sich dem geprüften Jahresabschluss per 31. Januar 2006 im Umfang von Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von zumindest € 328.000,00 entnehmen ließen, sei von einer Überschuldung auch nicht mit Blick auf den vom Kläger behaupteten Verlustvortrag in Höhe von € 297.747,05 auszugehen, das wirtschaftliche Eigenkapital der Schuldnerin sei vielmehr zu jeder Zeit positiv gewesen. Dies gelte auch mit Blick auf die sog. Arbeits-Bilanzen des Klägers zum 31. Januar und 30. April 2007.

Die Beklagten zu 3. bis 5. haben im Hinblick auf die seitens des Klägers behauptete Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin darüber hinaus behauptet, dass ihnen von angeblichen Zahlungsrückständen gegenüber dem Vermieter nichts bekannt gewesen sei, die laufenden Mietzahlungen für die Garagencontainer seien seit dem Jahr 2002 zudem schlicht nicht mehr bedacht und dementsprechend auch nicht ernstlich eingefordert worden, bei der nachfolgend im Jahr 2007 vereinbarten Ratenzahlung habe es sich um eine einvernehmliche Stundungsabrede gehandelt. Es sei dem Aufsichtsrat durch die Beklagten zu 1. und 2. auch im Zeitraum seit Februar 2007 beständig vermittelt worden, dass Zahlungsschwierigkeiten nicht bestünden, gerade das Verhältnis zur Vermieterin sich bestens gestalte und mit dieser Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen geschlossen worden seien bzw. auch Mietforderungen mit aus einem Wasserschaden stammenden Ansprüchen der Schuldnerin verrechnet werden sollten. Im Übrigen habe es der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin entgegengestanden, dass diese noch im Januar 2007 ein privates Darlehen eines potentiellen Investors in Höhe von € 100.000,00 vereinnahmt habe, wodurch nach den damaligen Angaben der Beklagten zu 1. und 2. in der Folgezeit sämtliche fälligen Verbindlichkeiten der Schuldnerin hätten erfüllt werden können. Sofern dies tatsächlich nicht geschehen sein sollte, sei dies nicht auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern vielmehr auf die Entscheidung des Vorstands über die Verwendung dieses neuen Kapitals zurückzuführen. Die gegenüber der Vermieterin angeblich bereits für April und Mai 2006 rückständig gebliebenen Mieten seien, was als solches unstreitig gewesen ist, bis auf einen Rest für Mai 2006 überdies gar nicht als Insolvenzforderung angemeldet worden und dementsprechend noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weitestgehend beglichen worden.

Auch die Beklagten zu 3. bis 5. sind der Behauptung des Klägers hinsichtlich einer spätestens zum 1. Februar 2007 eingetretenen Überschuldung der Schuldnerin entgegengetreten. Mit Blick auf die im – unstreitigen – Umfang von € 328.000,00 erklärten Rangrücktritte habe der in Höhe von € 179.000,00 negative bilanzielle Eigenkapitalausweis per 31. Januar 2007 die insolvenzrechtliche Überschuldung der Schuldnerin nicht begründen können, vielmehr habe zu diesem Stichtag noch ein wirtschaftliches Eigenkapital der Schuldnerin in Höhe von € 149.000,00 bestanden. Es seien von den Beklagten zu 1. und 2. im Zeitraum ab Februar 2007 zudem auch keine Tatsachen berichtet worden, die auf eine Überschuldung der Schuldnerin hätten schließen lassen können. Es sei vielmehr in der gesamten Zeit vom Sommer 2006 bis zum Sommer 2007 an einer Neuausrichtung der Unternehmensstrategie gearbeitet worden, ohne dass während dieses Zeitraums von irgendwelchen Zahlungsschwierigkeiten oder einer akut drohenden Überschuldung die Rede gewesen sei. Zu einer derartigen Neuausrichtung habe der Vorstand der Schuldnerin sich unter anderem auch auf einer Aufsichtsratssitzung vom 28. November 2006 (Protokoll als Anlage B 3.4 = B 4 = B 5/3) ausdrücklich geäußert, in der hinsichtlich aufgelaufener Verluste auf den Einstieg eines möglichen Investors mit einem in Rede stehenden Investitionsvolumen von € 200.000,00 als Lösungsansatz Bezug genommen worden sei.

Die Beklagten zu 3. bis 5. haben ebenfalls geltend gemacht, dass eine etwaige Insolvenzreife der Schuldnerin für sie jedenfalls auch nicht erkennbar gewesen sei, namentlich hätten sie auch keine Kenntnis davon gehabt, dass die Schuldnerin fällige Verbindlichkeiten angeblich nicht beglichen habe. Auf der Aufsichtsratssitzung vom 28. November 2006 habe der Beklagte zu 1. vielmehr ausdrücklich erklärt, dass trotz aufgelaufener Verluste keine Anhaltspunkte für eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorlägen. Mit einem Bericht vom 5. Dezember 2006 (Anlage B 3.5 = B 5 = B 5/4) habe der Vorstand dann zudem dargestellt, dass sich die Schuldnerin wieder auf einem positiven Kurs befunden habe, die Prüfungshandlungen des Aufsichtsrats seien auch in der Folgezeit weiter intensiviert worden. Auf einer weiteren Aufsichtsratssitzung vom 27. März 2007 (Protokoll als Anlage B 3.6 = B 7 = B 5/3) sei seitens des Vorstands zwar ein Verlust in einer Größenordnung von € 160.000,00 dargestellt worden, gleichwohl sei im Hinblick auf das Darlehen des bereit stehenden Investors, der sich zudem mit weiteren € 100.000,00 als Aktionär habe beteiligen wollen, schon eine deutliche Entspannung der Liquiditätslage zu verzeichnen gewesen, zumal der für Februar 2007 geplante Umsatz sogar überschritten worden sei.

Der Aufsichtsrat habe gegenüber dem Vorstand unter anderem deutlich gemacht, dass er laufend monatlich über die aktuellen Zahlen unterrichtet werden wolle. Im Rahmen einer weiteren Aufsichtsratssitzung bereits am 29. Mai 2007 (Protokoll als Anlage B 3.7 = B 8 = B 5/3) habe der Vorstand dann von Umsatzsteigerungen berichtet, gleichwohl eingetretene Verluste seien nachvollziehbar mit nicht abgegrenzten Kosten beispielsweise aus der Teilnahme an Messen erläutert worden. Die Aufsichtsratsmitglieder hätten unter anderem darauf hingewiesen, dass der Schuldnerin das angekündigte frische Kapital zugeführt werden müsse, die Vorstandsgehälter für die Monate Mai und Juni 2007 gestundet, mit der V-Bank über eine Tilgungsaussetzung sowie mit einer Fima L. über Stundungsvereinbarungen verhandelt werden solle. Der Vorstand habe im Rahmen dieser Aufsichtsratssitzung indes mitgeteilt, dass sämtliche fälligen Verbindlichkeiten weiterhin beglichen würden, auch vor dem Hintergrund der aus der Liquiditätsvorschau (Anlage B 9) für Juni 2007 im Umfang von € 90.742,00 drohenden Unterdeckung sei dann die Anregung an den Vorstand zur Beauftragung eines Sanierungsgutachtens ergangen, der dieser auch nachgekommen sei. Erstmalig in der nachfolgenden außerordentlichen Aufsichtsratssitzung vom 19. Juli 2007 (Protokoll als Anlage B 3.8 = B 11 = B 5/3) habe der Beklagte zu 1. vor dem Hintergrund, dass der als Investor interessierte Darlehensgeber mangels entsprechender finanzieller Mittel nicht mehr in der Lage gewesen sei, sein beabsichtigtes Engagement aufrechtzuerhalten, dann darauf hingewiesen, dass er bei fehlenden weiteren Geldmitteln vorsorglich Insolvenzantrag werde stellen müssen, und zugleich davon berichtet, dass teilweise fällige Verbindlichkeiten nicht bezahlt werden konnten. Der Aufsichtsrat habe dies zum Anlass genommen, den Vorstand mit Schreiben vom 20. Juli 2007 (Anlage B 3.9 = B 12 = B 5/8) zur Insolvenzantragstellung aufzufordern, und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch darauf hingewiesen, dass Rechnungen keinesfalls mehr auch nur teilweise beglichen werden dürften.

Der Beklagte zu 5. hat darüber hinaus behauptet, er habe, was als solches unstreitig gewesen ist, wegen mehrerer Bandscheibenvorfälle krankheitsbedingt an keiner der vier in der Zeit vom 28. November 2006 bis zum 19. Juli 2007 durchgeführten Aufsichtsratssitzungen der Schuldnerin teilgenommen. Er habe sich aber gleichwohl fortlaufend über die Gegenstände der Aufsichtsratssitzungen unterrichten lassen.

Mit Urteil vom 28. Februar 2013 hat das Landgericht die Beklagten zu 1. und 2. wegen auf dem Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. erfolgter Zahlungseingänge in Höhe von € 346.631,06 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Februar 2012 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Schuldnerin spätestens seit dem 1. Februar 2007 zahlungsunfähig gewesen sei. Die spätestens zu diesem Zeitpunkt eingetretene Zahlungsunfähigkeit sei aufgrund der Zahlungseinstellung der Schuldnerin zu vermuten. Die Zahlungseinstellung ergebe sich vorliegend daraus, dass die Schuldnerin ausweislich der Insolvenztabelle bis zur Verfahrenseröffnung Verbindlichkeiten in Höhe von € 44.341,77 nicht mehr beglichen habe, die bereits am 1. Februar 2007 fällig gewesen seien. Diese Forderungen hätten auch einen wesentlichen Teil der fälligen Verbindlichkeiten dargestellt, da sich die per 1. März 2007 unerfüllt gebliebenen Verbindlichkeiten auf insgesamt € 87.740,01 belaufen hätten. Darüber hinaus ergebe sich die den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin rechtfertigende Zahlungseinstellung der Schuldnerin zudem daraus, dass die Schuldnerin gegenüber der H a/s und der HL a/s Ratenzahlungen erbeten habe und derartige Bitten um Ratenzahlungen nach dem Klägervortrag auch gegenüber der M. GmbH und der P. GmbH erfolgt seien. Das Gesamtbild werde indiziell dadurch bekräftigt, dass das Betriebsergebnis der Schuldnerin stetig negativ verlaufen sei und nach der Insolvenztabelle die unbedient gebliebenen Verbindlichkeiten von € 87.740,01 per 1. März 2007 auf € 203.271,62 bis zum 1. Juli 2007 angestiegen seien.

Die Beklagten zu 1. und 2. hafteten hiernach auf die Erstattung der auf dem Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. erfolgten Zahlungseingänge, die von ihnen nicht mit Substanz bestritten worden seien. Die Verpflichtung der Beklagten zu 1. und 2. als Vorstände der Schuldnerin sei auf die Masseerhaltung gerichtet gewesen und habe insoweit die Verpflichtung umfasst, Zahlungseingänge statt auf dem debitorischen Konto bei der Sparkasse H. auf ein kreditorisch geführtes Konto umzuleiten. Dass die Beklagten zu 1. und 2. dies versäumt hätten, sei auch nicht mit den an einen Geschäftsleiter in der Unternehmenskrise zu stellenden Sorgfaltsanforderungen zu vereinbaren, eine Aussicht auf eine kurzfristige Sanierung der Schuldnerin habe nicht bestanden, insoweit seien die Beklagten zu 1. und 2. von dem ihnen vorgeworfenen Versäumnis auch nicht exkulpiert. Einer Haftung auch für die auf dem Konto der Schuldnerin bei der V-Bank eingegangenen Zahlungen stünde demgegenüber die zu deren Gunsten erfolgte Globalzession entgegen.

Die Voraussetzungen einer Haftung auch der Beklagten zu 3. bis 5. lägen demgegenüber nicht vor. Zwar habe in der Unternehmenskrise auch der Aufsichtsrat die Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass der Vorstand verbotswidrige Zahlungen unterlasse. Insoweit unterliege der Aufsichtsrat Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten und müsse sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft machen, die laufende Überwachung des Vorstands in allen Einzelheiten sei ohne Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des Vorstands gleichwohl weder zu erwarten noch zulässig. Gemessen hieran habe der Kläger ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Beklagten zu 3. bis 5. aber schon nicht ausreichend dargelegt. Haftungsbegründend wären insofern bekannt gewordene Umstände gewesen, die dazu geführt hätten, dass die Beklagten zu 3. bis 5. die Zahlungseingänge auf dem Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. hätten kontrollieren und deren Umleitung auf ein neutrales Konto hätten veranlassen müssen. Das sei indes nicht ausreichend dargetan. Dem Aufsichtsrat seien in dessen Sitzungen in der Zeit seit März 2006 keine Anhaltspunkte mitgeteilt worden, die eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nahe gelegt hätten. Es sei vielmehr unter anderem über mögliche Kooperationen und Beteiligungen berichtet worden, mit denen Kapitalzuflüsse verbunden gewesen wären, der Vorstand sei zudem dem an ihn gerichteten Wunsch nach fortlaufender Unterrichtung nachgekommen. Nach alledem habe es für den Aufsichtsrat keine Anhaltspunkte für eine bestehende oder drohende Insolvenzreife der Schuldnerin gegeben. Im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung vom 19. Juli 2007, in der von der Nichtzahlung fälliger Rechnungen berichtet worden sei, sei der Vorstand aufgefordert worden, sich hinsichtlich einer drohenden Insolvenz rechtlich beraten zu lassen und die Begleichung von Rechnungen zu unterlassen. Davon, dass der Vorstand dieser Aufforderung zuwider handeln würde, hätten die Beklagten zu 3. bis 5. nicht ausgehen müssen.

Gegen dieses ihm am 28. Februar 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. März 2013 Berufung eingelegt, die er nach Fristverlängerung bis zum 27. Mai 2013 mit an diesem Tag eingegangener Berufungsbegründung begründet hat. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Klageantrag gegenüber allen fünf Beklagten unverändert weiter.

Der Kläger macht geltend, das Landgericht habe unzutreffend festgestellt, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erst zum 1. Februar 2007 eingetreten sei. Tatsächlich sei im Hinblick auf die unterbliebene Zahlung der Geschäftsraummieten für April und Mai 2006 von einer bereits spätestens im Juni 2006 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Darüber hinaus habe es das Landgericht zu Unrecht dahinstehen lassen, ob bei der Schuldnerin auch eine Überschuldung eingetreten sei. Tatsächlich sei, insoweit wiederholt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen, von einer ebenfalls bereits spätestens zum 1. Februar 2007 eingetretenen Überschuldung der Schuldnerin auszugehen. Das per 31. Januar 2006 noch im Umfang von lediglich € 14.000,00 verbliebene positive Eigenkapital der Schuldnerin sei bereits nach dem 1. Quartal des am 1. Februar 2006 begonnenen neuen Geschäftsjahrs aufgebraucht gewesen.

Der Kläger macht ferner geltend, dass eine Haftung der Beklagten auch hinsichtlich der Zahlungseingänge der Schuldnerin bei der V-Bank bestünde. Die Verpflichtung der Beklagten zu 1. und 2. zur Massesicherung sei durch die – gegenüber den Drittschuldnern auch nicht offengelegte – Abtretung von Forderungen der Schuldnerin an die V-Bank nicht eingeschränkt worden, ungeachtet dieser Abtretung hätten die Beklagten zu 1. und 2. die tatsächliche Möglichkeit gehabt, die Zahlungen für die Schuldnerin auf einem kreditorisch geführten Bankkonto zu vereinnahmen. Es habe auch keine Absprachen der Schuldnerin mit der V-Bank gegeben, auf deren Grundlage die Schuldnerin etwa dazu verpflichtet gewesen wäre, den Forderungseinzug ausschließlich über das dort unterhaltene Konto durchzuführen. Dies zeige sich schon daran, dass die Schuldnerin Teile ihrer Forderungen tatsächlich auch über ihr bei der Sparkasse H. geführtes Konto eingezogen habe. Ohnehin wäre die Verpflichtung der Beklagten zu 1. und 2. zur Massesicherung gegenüber einer etwaigen Verpflichtung zur Vornahme des Forderungseinzugs ausschließlich über das bei der V-Bank geführte Konto höherwertig gewesen. Mit einem zulässigen Forderungseinzug auf ein anderes Konto als dasjenige bei der V-Bank wäre deren Sicherungsrecht erloschen und die Masse bezogen auf diese Forderungen zu Gunsten der Gläubigergesamtheit erhalten worden. Auf die Insolvenzfestigkeit der zu Gunsten der V-Bank erfolgten Sicherungsabtretung komme es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht an, jedenfalls die ab dem 10. Mai 2007 eingezogenen Forderungen hätten aber schon deshalb nicht insolvenzfest sein können, weil diese Forderungen erst innerhalb des Zeitraums von drei Monaten vor dem Insolvenzantrag werthaltig gemacht worden seien. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang auch verkannt, dass der Forderungseinzug auf das Konto der Schuldnerin bei der V-Bank insbesondere der Entlastung der Beklagten zu 1. und 2. und deren Ehefrauen von den gegenüber der V-Bank bestehenden Bürgschaftsverpflichtungen gedient habe und insofern die Gläubigergesamtheit auf wertlose Ansprüche aus §§ 32a, 32b GmbHG, 135 InsO verwiesen worden sei.

Hinsichtlich der Inanspruchnahme der Beklagten zu 3. bis 5., die jeweils Kenntnis unter anderem davon gehabt hätten, dass die Konten der Schuldnerin bei der Sparkasse H. und der V-Bank debitorisch geführt worden seien, habe das Landgericht die Haftungsvoraussetzungen zu Unrecht zu eng angesetzt. Soweit das Landgericht angenommen habe, dass die Beklagten zu 3. bis 5. ihre Überwachungstätigkeit intensiviert und ihren Sorgfaltspflichten hierdurch genügt hätten, habe das Landgericht übersehen, dass die Beklagten zu 3. bis 5. in der ihnen ebenfalls bekannt gewordenen Unternehmenskrise tatsächlich überhaupt nichts unternommen hätten. Allein mit intensivierten Sitzungen und Kontakten hätten die den Beklagten zu 3. bis 5. obliegenden Pflichten in der verschärften Krise der Schuldnerin jedenfalls nicht erfüllt werden können. Den Beklagten zu 3. bis 5. seien ausweislich des Lageberichts des Vorstands zum geprüften Jahresabschluss zum 31. Januar 2006 die nahezu vollständige Aufzehrung des Eigenkapitals und der Umsatzeinbruch der Schuldnerin sowie die hieraus resultierende Unternehmenskrise ebenso bekannt gewesen wie der im nachfolgenden Geschäftsjahr sich fortsetzende Umsatzrückgang. Die Prüfung des Jahresabschlusses habe zudem einen im Umfang von € 481.000,00 negativen Cash-Flow bei der Schuldnerin ausgewiesen, der den Beklagten zu 3. bis 5. ebenfalls die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit aufgezeigt habe.

Das Protokoll der am 28. November 2006 durchgeführten Aufsichtsratssitzung (Anlage B 3.4 = B 4 = B 5/3) habe wiederum aufgezeigt, dass unter anderem die finanzielle Situation der Schuldnerin unverändert stark angespannt gewesen und weitere Verluste erwirtschaftet worden seien. Hieraus hätte es sich den Beklagten zu 3. bis 5. aufdrängen müssen, dass die im geprüften Jahresabschluss per 31. Januar 2006 vorgesehene Veränderung der Geschäftspolitik, insbesondere hinsichtlich der Vermarktung zusätzlicher Produktlinien, gescheitert gewesen sei. Die im Rahmen dieser Aufsichtsratssitzung vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen hätten per November 2006 zudem einen € 14.000,00 übersteigenden Verlust ausgewiesen, woraus sich erkennbar der Eintritt der Überschuldung ergeben habe.

In dieser Situation seien die Beklagten zu 3. bis 5. verpflichtet gewesen, gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. auf die Einrichtung eines Überwachungssystems gemäß § 91 Abs. 2 AktG zu drängen und zusätzlich darauf, dass die Beklagten zu 1. und 2. eine ständige Prüfung des Vorliegens von Insolvenzgründen vornehmen und den Aufsichtsrat hierüber unterrichtet hielten. Die Beklagten zu 3. bis 5. hätten sich insofern nicht auf die bloße Behauptung der Beklagten zu 1. und 2. verlassen dürfen, dass eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht vorliege, sondern das Ergebnis einer entsprechenden Prüfung durch die Beklagten zu 1. und 2. zumindest ihrerseits auf Plausibilität prüfen müssen. Namentlich hätten die Beklagten zu 3. bis 5. im Hinblick auf die bereits in dem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Januar 2006 (Anlage K 6) angesprochene Liquiditätskrise der Schuldnerin beaufsichtigen müssen, dass die Beklagten zu 1. und 2. bei jeder Zahlung die mögliche Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin prüfen. Tatsächlich sei eine derartige Prüfung der Zahlungsunfähigkeit aber zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 28. Februar 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Aktenzeichen 413 HKO 40/12, werden die Beklagten zu 1. bis 5. als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 1.335.109,05 nebst 5% Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten zu 1. und 2. verteidigen das angefochtene Urteil.

Die Beklagten zu 3. bis 5. wenden sich gegen die Annahme des Landgerichts, es sei bei der Schuldnerin ab dem 1. Februar 2007 von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen. Soweit das Landgericht eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin aus den zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen der H.-Gruppe hergeleitet habe, habe es verkannt, dass diese mit der Schuldnerin ein Verrechnungskonto geführt habe, das nicht geklärt gewesen sei und nach entsprechender Abstimmung zu der im Juli 2007 zustande gekommenen Ratenzahlungsvereinbarung geführt habe. Auch den mit der M. GmbH und der P. GmbH geführten Stundungsvereinbarungen habe zu Grunde gelegen, dass hinsichtlich der tatsächlichen Forderungshöhe Klärungsbedarf bestanden habe. Die Beklagten zu 3. bis 5. halten im Übrigen daran fest, dass ihnen Einzahlungen auf das nach den Behauptungen des Klägers fortlaufend debitorisch geführte Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse H. nicht bekannt und auch nicht erkennbar gewesen seien. Im Übrigen überspanne der Kläger die an den Aufsichtsrat eines kleinen familiengeführten Unternehmens in der Krise zu stellenden Überwachungspflichten ganz erheblich.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1.a) Der vom Kläger gegenüber den Beklagten mit der Berufung weiterverfolgte Anspruch gemäß §§ 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.], 93 Abs. 3 Nr. 6 [a.F.], 116 Satz 1 [a.F.] AktG auf Ersatz in der Zeit vom 1. Februar bis zum 12. September 2007 auf die Konten der Schuldnerin bei der Sparkasse H. und bei der V-Bank erfolgter Einzahlungen besteht nicht.

aa) Dem Kläger ist zwar im rechtlichen Ausgangspunkt insoweit zu folgen, als dass für den Fall der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft die Entgegennahme von Zahlungen auf ein debitorisch geführtes Konto eine verbotene Zahlung im Sinne des § 93 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] AktG darstellen kann. Dies rechtfertigt sich daraus, dass durch einen Zahlungseingang auf einem debitorischen Konto das Aktivvermögen der Gesellschaft zu Lasten ihrer Gläubigergesamtheit (und zum Vorteil der Bank) in gleicher Weise geschmälert wird wie bei einer Auszahlung aus dem Barvermögen der Gesellschaft (BGH Urt. v. 26. März 2007 – II ZR 310/05 -, ZIP 2007, 1006 ff., juris Rn. 12). In beiden Fällen wird der Insolvenzmasse zugunsten der Befriedigung eines Gläubigers ein Betrag entzogen, der anderenfalls zur (teilweisen) Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde (BGH, Urt. v. 29. November 1999 – II ZR 273/98 -, BGHZ 143, 184 ff., juris Rn. 9).

bb) Demgegenüber ist vorliegend aber schon auf der Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers und des unstreitigen Vorbringens der Beklagten davon auszugehen, dass die Insolvenzmasse durch die klagegegenständlichen Einzahlungen auf die betreffenden Konten der Schuldnerin nicht geschmälert worden ist. Sämtliche Forderungen gegenüber Drittschuldnern der Schuldnerin waren nämlich bereits durch die Globalabtretungsvereinbarung vom 26. Mai 2005 an die V-Bank abgetreten, standen der Schuldnerin hiernach rechtlich und mit Rücksicht auf deren gegenüber der V-Bank bestehende Verbindlichkeiten auch wirtschaftlich nicht mehr zu und konnten damit schon vor den jeweiligen Zahlungsvorgängen nicht mehr Bestandteil des der Verpflichtung zum Masseerhalt unterliegenden Vermögens der Schuldnerin sein.

(1) Die Haftung gemäß §§ 93 Abs. 2 Nr. 6 AktG, 64 GmbHG, 130a Abs. 1 HGB setzt aber eine Masseschmälerung, einen Abfluss von Mitteln aus der im Stadium der Insolvenzreife der Gesellschaft zugunsten der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhaltenden Vermögensmasse, voraus (BGH, Urt. v. 18. November 2014 – II ZR 231/13 -, ZIP 2015, 71 ff., juris Rn. 9, 10). Da die gegenüber Drittschuldnern bestehenden Forderungen nicht Teil des geschützten Aktivvermögens der Schuldnerin waren, waren die Beklagten zur Vermeidung einer Inanspruchnahme aus §§ 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.], 93 Abs. 3 Nr. 6 [a.F.], 116 Satz 1 [a.F.] AktG dementsprechend auch nicht gehalten, die Globalabtretung zu Gunsten der V-Bank dadurch zu unterlaufen, dass sie die dieser zustehenden Forderungen auf ein neu eröffnetes, kreditorisch geführtes Bankkonto der Schuldnerin einzogen (Strohn, NZG 2011, 1161 ff., 1166; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Baumert, GmbHG, 5. Aufl. 2013, § 64 Rn. 33). Hierdurch hätte eine Masseverkürzung nämlich nicht verhindert, sondern allenfalls eine Massebereicherung herbeigeführt werden können, der das „Zahlungsverbot“ des § 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] AktG indes nicht dient (BGH, a.a.O. Rn. 11 a.E.).

(2) Vorliegend hätte eine Vergrößerung des Aktivvermögens der Schuldnerin durch den Einzug von Forderungen auf einem kreditorisch geführten Bankkonto allerdings schon deshalb nicht herbeigeführt werden können, weil es sich bei den hierdurch begründeten Auszahlungsansprüchen der Schuldnerin gegenüber der kontoführenden Bank ebenfalls um Ansprüche gehandelt hätte, die wiederum von der auf „sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen“ gerichteten Globalabtretung zu Gunsten der V-Bank umfasst gewesen wären (OLG Frankfurt, Urt. v. 15. Juli 2009 – 4 U 298/08 -, ZIP 2009, 2293 ff., juris Rn. 18 f., und nachfolgend BGH, Urt. v. 25. Januar 2011 – II ZR 196/09 -, ZIP 2011, 422 ff., juris Rn. 3, 21).

(3) Eine im Rahmen der §§ 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.], 93 Abs. 3 Nr. 6 [a.F.], 116 Satz 1 [a.F.] AktG haftungsbegründend vorauszusetzende Masseschmälerung lässt sich schließlich auch nicht damit begründen, dass der Kläger im Falle des Forderungseinzugs auf ein kreditorisches Bankkonto der Schuldnerin gemäß §§ 170, 171 InsO Kostenbeiträge hätte erheben können. Die in § 171 InsO genannten Kostenbeiträge sollen allein dazu dienen, die Insolvenzmasse von den Kosten zu entlasten, die, soweit ein Absonderungsrecht geltend gemacht wird, für die Feststellung der Rechtslage sowie für die Verwertung der Gegenstände anfallen (BGH, Urt. v. 25. September 2014 – IX ZR 156/12 -, ZIP 2014, 2305 ff., juris Rn. 11; Urt. v. 20. November 2003 – IX ZR 259/02 -, ZIP 2004, 42 ff., juris Rn. 14; Urt. v. 9. Oktober 2003 – IX ZR 28/03 -, ZIP 2003, 2370 ff., juris Rn. 16).

cc) Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der zu Gunsten der V-Bank vereinbarten Globalabtretung zeigt der Kläger nicht auf, diese sind auch sonst nicht ersichtlich. Namentlich ist auch eine Übersicherung der V-Bank nicht zu erkennen. Hiergegen spricht schon, dass innerhalb des klagegegenständlichen Zeitraums nach dem eigenen Vorbringen des Klägers mit der Klageschrift unbeschadet der auf das Konto der Schuldnerin bei der V-Bank erfolgten Einzahlungen dessen Sollsaldo den Betrag von zuletzt € 313.128,99 zu Lasten der Schuldnerin zu keinem Zeitpunkt unterschritten hat.

Auch für eine Anfechtbarkeit der zu Gunsten der V-Bank erfolgten Globalabtretung ist nichts ersichtlich. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang mit der Berufung geltend macht, jedenfalls die ab dem 10. Mai 2007 eingezogenen Beträge seien als Forderungen anzusehen, die erst innerhalb des Drei-Monatszeitraums vor dem Insolvenzantrag werthaltig geworden seien und deshalb gemäß § 130 Abs. 1 InsO einer Anfechtung als kongruente Deckung unterlegen hätten (vgl. BGH, Urt. v. 26. Juni 2008 – IX ZR 144/05 -, ZIP 2008, 1435 ff., juris Rn. 17; Urt. v. 29. November 2007 – IX ZR 30/07 -, BGHZ 174, 297 ff., juris Rn. 35, 38; Urt. v. 29. November 2007 – IX ZR 165/05 -, ZIP 2008, 372 ff., juris Rn. 12, 14 f.), fehlt es an jeglichem Vorbringen des Klägers zu den den klagegegenständlichen Einzahlungen zu Grunde liegenden Einzelforderungen, anhand dessen diese Behauptung nachzuvollziehen sein könnte.

b) Auch soweit der Kläger sich hinsichtlich der Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. und 2. zugleich auf §§ 32a [a.F.], 32b [a.F.] GmbHG, 135 InsO stützt und hierzu geltend macht, durch den Forderungseinzug auf das Konto der Schuldnerin bei der V-Bank seien deren Ehefrauen und sie selbst von den dieser gegenüber eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen entlastet worden, rechtfertigt dies eine auch nur teilweise Abänderung des angefochtenen Urteils zu Gunsten des Klägers nicht. Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang, dass die Beklagten zu 1. und 2. unstreitig nicht Aktionäre der Schuldnerin waren und dieser gegenüber insofern auch keiner Finanzierungsfolgenverantwortung unterlagen (BGH, Urt. v. 9. Mai 2005 – II ZR 66/03 -, ZIP 2005, 1316 ff., juris Rn. 10).

c) Gegenüber den Beklagten zu 3. bis 5. erweist sich die Berufung zudem aber auch schon deshalb als unbegründet, weil nicht festzustellen ist, dass es durch die diesen vorgeworfenen Pflichtverletzungen zu einem Vermögensverlust der Schuldnerin im Sinne des § 93 Abs. 3 Nr. 6 [a.F.] AktG gekommen wäre. Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Vermögensverlust unterliegt als Element der haftungsbegründenden Kausalität aber der Darlegungs- und Beweispflicht des Klägers (BGH, Urt. v. 16. März 2009 – II ZR 280/07 -, ZIP 2009, 860 ff., juris Rn. 16)

aa) Auf der Grundlage des Berichts des Wirtschaftsprüfers über die Prüfung des Jahresabschlusses der Schuldnerin zum 31. Januar 2006 (Anlage K 6) sowie der Protokolle der nachfolgenden Aufsichtsratssitzungen ist zwar davon auszugehen, dass die Unternehmenskrise auch den Beklagten zu 3. bis 5. als den Aufsichtsratsmitgliedern der Schuldnerin nicht entgangen ist. Hiernach unterlagen die Beklagten zu 3. bis 5. nicht zuletzt auch hinsichtlich des vom Vorstand einzuhaltenden Zahlungsverbots gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] AktG einer gesteigerten Überwachungspflicht, in deren Rahmen sie auch dazu verpflichtet waren, sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin zu machen und insoweit die ihnen nach §§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 2 AktG zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen (BGH, a.a.O. Rn. 15).

Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Beklagten zu 3. bis 5. durch die Wahrnehmung ihrer hinsichtlich der Bücher und Schriften der Schuldnerin bestehenden Einsichtnahme- und Prüfungsrechte eine nicht nur drohende, sondern bereits eingetretene Insolvenzreife der Schuldnerin mit der Konsequenz hätten erkennen können, dass die ihnen obliegenden Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten sich zu einer Verpflichtung dahingehend verdichtet hätten, darauf hinzuwirken, dass der Vorstand keine mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters nicht zu vereinbarenden Zahlungen mehr leiste (BGH, Urt. v. 20. September 2010 – II ZR 78/09 -, BGHZ 187, 60 ff., juris Rn. 13; Urt. v. 16. März 2009, a.a.O.) bzw. insofern auch keine Zahlungen auf etwa debitorisch geführte Bankkonten der Schuldnerin mehr entgegennehme.

bb) Für den Fall, dass die Beklagten zu 3. bis 5. die Geschäftsunterlagen der Schuldnerin unter dem Gesichtspunkt der bereits eingetretenen Insolvenzreife einer pflichtgemäß eigenständigen Prüfung unterzogen hätten, hätte zunächst eine das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 3 Satz 1 [a.F.] auslösende Überschuldung der Schuldnerin nämlich deshalb nicht festgestellt werden können, weil von einer Überschuldung der Schuldnerin wiederum schon auf der Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers und des unstreitig gebliebenen Vorbringens der Beklagten tatsächlich nicht auszugehen ist.

Im Rahmen der von ihm behaupteten Überschuldung der Schuldnerin hat der Kläger die seitens der Beklagten unbestritten im Umfang von zumindest € 328.000,00 geltend gemachten Rangrücktrittserklärungen unter anderem der beiden Aktionärinnen der Schuldnerin mit den ihnen dieser gegenüber zustehenden Darlehensforderungen schlicht unberücksichtigt gelassen. Bei deren zutreffender Berücksichtigung hat sich eine Überschuldung der Schuldnerin im klagegegenständlichen Zeitraum aber bereits deshalb nicht ergeben können, weil die in einem Überschuldungsstatus zu bilanzierenden Verbindlichkeiten der Schuldnerin in diesem Fall um eben diesen Betrag geringer anzusetzen gewesen wären mit der Folge, dass entgegen dem Vorbringen des Klägers weder per 1. Februar 2007 von einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von € 42.101,11 oder gar € 166.091,52 noch per 30. April 2007 von einem weiteren Fehlbetrag der Schuldnerin in Höhe von € 148.661,63 auszugehen gewesen wäre. Soweit der Kläger eine Überschuldung der Schuldnerin im Umfang von mindestens € 527.450,05 zudem daraus herleitet, dass deren Warenbestand in einem Überschuldungsstatus mit höchstens € 500.000,00 anzusetzen gewesen wäre, ermangelt es dem Vorbringen des Klägers jeglicher Substantiierung, auf deren Grundlage dieser Wertansatz nachvollzogen werden könnte.

cc) Es ist zugleich aber ebenso wenig festzustellen, dass die Beklagten zu 3. bis 5. für den Fall der pflichtgemäßen Wahrnehmung ihrer hinsichtlich der Geschäftsunterlagen der Schuldnerin bestehenden Einsichtnahmerechte deren bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hätten feststellen können. In diesem Zusammenhang gilt, dass auch der Kläger sich für die von ihm behauptete Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO) der Schuldnerin nicht etwa auf eine aus den Geschäftsunterlagen der Schuldnerin abgeleitete Liquiditätsbilanz, also eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten und der liquiden Mittel der Schuldnerin, stützt, sondern sich stattdessen lediglich auf solche Umstände bezieht, die eine Zahlungseinstellung und die hieraus gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO zu schlussfolgernde Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin indiziell nahelegen.

(1) Soweit der Kläger die Zahlungsunfähigkeit aus angeblich eigenen Erklärungen der Schuldnerin ableitet, ihre bestehenden Verbindlichkeiten nicht vollständig erfüllen zu können, kommt derartigen Äußerungen, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte verbunden sind, zwar regelmäßig eine erhebliche Bedeutung für die Frage der Zahlungseinstellung zu (BGH, Versäumnisurt. v. 10. Juli 2014 – IX ZR 280/13 -, ZIP 2014, 1887 ff., juris Rn. 28). Derartige eigene Erklärungen der Schuldnerin lassen sich den seitens des Klägers insoweit in Bezug genommenen Schriftstücken indes nicht entnehmen. Weder die beiden insoweit herangezogenen Schreiben der A. KG (Anlagen K 2 und K 2a), noch die von der M. GmbH erstellten Schriftstücke (Anlagen K 3 und K 4) und auch nicht die E-Mail-Korrespondenz des Beklagten zu 1. mit der P. GmbH (Anlage K 5) sind für eine angebliche Erklärung der Schuldnerin, zur Erfüllung diesen Gläubigern gegenüber bestehender Verbindlichkeiten nicht in der Lage zu sein, indiziell aussagekräftig. Dieser Korrespondenz lässt sich vielmehr lediglich entnehmen, dass die Schuldnerin um Ratenzahlungen nachgesucht hat. Dies allein lässt den Schluss auf eine Zahlungseinstellung für sich genommen aber noch nicht zu.

Von inhaltlich darüber hinausgehenden, etwa bloß mündlichen Erklärungen des Vorstands der Schuldnerin gegenüber deren Gläubigern, zur Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten nicht in der Lage zu sein, hätten die Beklagten zu 3. bis 5. demgegenüber aber auch durch die Wahrnehmung ihrer gemäß § 111 Abs. 2 AktG auf die Geschäftsunterlagen der Schuldnerin bezogenen Einsichtnahmerechte noch keine Kenntnis erlangen können.

(2) Auch die aus der Nichtzahlung fälliger und bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbeglichen gebliebener Verbindlichkeiten für die Beurteilung der Zahlungseinstellung abzuleitende Indizwirkung (BGH, Urt. v. 19. November 2013 – II ZR 229/11 -, ZIP 2014, 168 ff., juris Rn. 21; Versäumnisurt. v. 24. Januar 2012 – II ZR 119/10 -, ZIP 2012, 723 ff., juris Rn. 13) müssen sich die Beklagten zu 3. bis 5. vorliegend nicht entgegenhalten lassen.

Zu den klägerseitig behaupteten Zeitpunkten des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hat sich aus deren Geschäftsunterlagen naturgemäß kein Anhaltspunkt dafür entnehmen lassen können, welche der jeweils aktuell bestehenden Verbindlichkeiten auch noch bis zur Eröffnung eines zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal beantragten Insolvenzverfahrens von der Schuldnerin zukünftig nicht mehr erfüllt werden würden. Der bloße Umstand, das die Schuldnerin zu den Zeitpunkten des seitens des Klägers behaupteten Eintritts der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin überhaupt fälligen Verbindlichkeiten ausgesetzt gewesen ist, hat aus der maßgeblichen damaligen Sicht der Beklagten zu 3. bis 5. für die Beurteilung einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit für sich genommen aber so lange noch nichts hergeben können, wie nicht zugleich festgestanden hat, dass diese Verbindlichkeiten innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen zu mehr als zehn Prozent nicht mehr hätten erfüllt werden können (BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 – IX ZR 123/04 -, BGHZ 163, 134 ff., juris Rn. 29 ff.). Dass dies der Fall gewesen wäre und zugleich die Beklagten zu 3. bis 5. dies den Geschäftsunterlagen der Schuldnerin hätten entnehmen können, lässt sich aber schon auf der Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers wiederum nicht feststellen.

Hiernach kommt auch insbesondere der Behauptung des Klägers keine ausschlaggebende Bedeutung für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit zu, dass die Schuldnerin gegenüber ihrer Vermieterin bereits im Frühjahr 2006 mit lediglich zwei Monatsmieten in Rückstand geraten und nachfolgend geblieben ist. Dass diesem Sachverhalt nicht die Bedeutung einer Zahlungseinstellung hat zukommen können, erschließt sich nämlich schon daraus, dass die Zahlung der laufenden Monatsmieten von der Schuldnerin nachfolgend wieder uneingeschränkt aufgenommen worden ist.

(3) Soweit mit – nicht nachgelassenem – Schriftsatz vom 16. Februar 2015 der Kläger die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erstmals auch aus in dem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Januar 2006 ausgewiesenen Liquiditätskennzahlen der Schuldnerin herleitet, haben die Beklagten zu 3. bis 5. den Schluss auf eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hieraus schon mit Blick darauf nicht ziehen müssen, dass die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin in diesem Prüfbericht (Anlage K 6, dort S. 15) demgegenüber sogar ausdrücklich positiv festgestellt worden ist.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

(Quelle: http://openjur.de/u/767492.html)

 

Nach § 133 Abs.1 InsO kann eine Rechtshandlung vom Insolvenzverwalter angefochten werden, wenn sie innerhalb der letzten 10 Jahre vor Insolvenzeröffnung vom Schuldner mit dem Vorsatz vorgenommen wurde, seine sonstigen Gläubiger zu benachteiligen – und der annehmende Gläubiger diesen Vorsatz kannte. Immer wieder hoch umstritten ist dabei die Frage, wie sich der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners feststellen und manifestieren lässt. Hierzu und zu der Frage, wann eine Ausnahme von Benachteiligungsvorsatz vorliegen kann, haben nun das LAG Rheinland-Pfalz und das LG Lübeck zwei weitere Entscheidungen erlassen.

LAG Rheinland-Pfalz: Gläubigerbenachteiligungsvorsatz wird vermutet

Voraussetzung für die Vermutungsregelung des § 133 I 2 ZPO ist, dass der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte. Der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinweisen. Erforderlich aber auch ausreichend hierfür ist, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (so LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.12.2014 – 1 Sa 501/14).

LG Lübeck: Ausschluss der Benachteiligungsabsicht nur in engen Grenzen

Hat der Schuldner also die gläubigerschädigende Wirkung erkannt, so kann die Benachteiligungsabsicht nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden, wenn überzeugend dargelegt wird, dass in absehbarer Zeit alle Gläubiger befriedigt werden könnten und ein Insolvenzverfahren so gut wie ausgeschlossen erschien (so LG Lübeck, Urteil vom 11.02.2014 – 9 O 222/12).

Die Entscheidungen im Volltext hier:

Rechtshandlungen, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, sind gemäß § 133 I 1 InsO anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Zahlungen müssen die Gläubiger der Schuldnerin durch Verkürzung der Masse iSv § 129 InsO objektiv benachteiligen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob zur Zeit der Zahlungen bereits weitere Gläubiger vorhanden waren oder solche erst später hinzugetreten sind.

Der Schuldner handelt mit entsprechendem Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine eigene Zahlungsunfähigkeit, kann hieraus entsprechend § 133 Abs. 1 S. 2 InsO auf seinen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. Denn der Schuldner weiß in diesem Fall, dass sein Vermögen nicht mehr ausreicht, um seine sämtlichen Gläubiger zu befriedigen und seine Zahlungen an den Leistungsempfänger damit seine übrigen Gläubiger benachteiligen. Dabei ist nicht nur die festgestellte Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen, sondern bereits eine vom Schuldner erkannte drohende Zahlungsunfähigkeit ein starkes Beweisanzeichen für dessen Benachteiligungsvorsatz, das bei der gebotenen Gesamtwürdigung zu berücksichtigen ist

Benachteiligungsvorsatz entfällt bei schlüssigem Sanierungskonzept

Der Benachteiligungsvorsatz kann jedoch dann entfallen, wenn ein konkretes Sanierungskonzept ernsthafte Sanierungsbemühungen ermöglicht. Hierzu muss zur Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das mindestens in seinen Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt. 

Denn: Im Falle erkannter Zahlungsunfähigkeit entfällt ein danach an sich gegebener Benachteiligungsvorsatz nur, wenn aufgrund konkreter Umstände – etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können – mit einer baldigen Überwindung der Krise zu rechnen ist. Für eine solche Annahme bedarf es indes konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteile vom 24. Mai 2007 – IX ZR 97/06, Juris, Rn. 8; vom 22. November 2012 – IX ZR 62/10, Juris, Rn. 7).

Die Entscheidung des Kammergerichts im Voltext hier:

Weiterlesen

Auch der faktische Geschäftsführer einer GmbH kann sich wegen Insolvenzverschleppung gem. § 15a IV InsO strafbar machen und Täter sein.

(zu BGH, Beschluss vom 18.12.2014 – 4 StR 323/14)

BGH bestätigt Verurteilung des faktischen Geschäftsführers einer GmbH wegen Insolvenzverschleppung

Was war geschehen? Das Landgericht hatte den Angeklagten A als faktischen Geschäftsführer einer GmbH wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sowie den Angeklagten O als bestellten und eingetragenen Geschäftsführer dieser Gesellschaft wegen Beihilfe hierzu verurteilt. Beide Angeklagten hatten gegen das Urteil Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Sie machten ua geltend, dass die Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers durch die Neuregelung der Insolvenzverschleppung in § 15a IV InsO entfallen sei.

Der BGH trat dem entgegen und hat die Revisionen der Angeklagten als unbegründet verworfen.

Der Senat führt dazu aus, dass die in der Rechtsprechung seit jeher anerkannte Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers bei unterlassener oder verspäteter Konkurs- oder Insolvenzantragstellung durch die Neuregelung des § 15a IV InsO nicht entfallen sei. Die bis 2008 in vielen Einzelgesetzen bestehenden Vorschriften zur Insolvenzantragstellung seien lediglich mit Einführung des MoMiG zum 23.10.2008 durch § 15a InsO ersetzt worden. Der Wortlaut des § 15a I 1 InsO schließe die Pflicht des faktischen Geschäftsführers zur Antragsstellung nicht aus. Die gesetzliche Formulierung – Mitglieder des Vertretungsorgans – umschreibe zusammenfassend die Verantwortlichen verschiedener Gesellschaftsformen. Mitglied des Vertretungsorgans der Gesellschaft mit beschränkter Haftung sei der Geschäftsführer, dem nach ständiger Rechtsprechung der faktische Geschäftsführer gleichstehe.

BGH: Den faktischen Geschäftsführer treffen die gleichen Pflichten wie den eingetragenen Geschäftsführer

Die Entscheidung des BGH fällt in ihrer Begründung erstaunlich kurz aus. Bedauerlicher Weise führt der BGH nicht weiter dazu aus, auf welcher formaljuristischen Grundlage der nur faktische Geschäftsführer das Erfordernis der Mitgliedschaft in einem Organ der Gesellschaft tatsächlich nicht erfüllt. Für die Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers spreche indes die Begründung des Gesetzentwurfs, denn durch die Neuregelung seien die Vorschriften zur Insolvenzantragstellung aus verschiedenen Einzelgesetzen rechtsformneutral geregelt und wortgleich erfasst worden. Eine Einschränkung der strafbewehrten Pflicht habe der Gesetzgeber nicht bezweckt. Dies ergebe sich aus der Begründung zu § 15a III InsO, wonach durch die Regelung zur führungslosen Gesellschaft die Rechtsprechung zum faktischen Geschäftsführer nicht berührt und dessen Verantwortlichkeit nicht eingeschränkt werden sollte.

Der BGH stellt damit erneut klar, dass die Flucht in die faktische Geschäftsführung (durch formale Bestellung eines Schattengeschäftsführers) keinesfalls geeignet ist, im Falle einer verspäteten Insolvenzantragstellung die Strafbarkeit des faktischen Geschäftsführers zu beseitigen.

Den Volltext der Entscheidung können Sie hier lesen.


Weiterlesen

Insolvenzrecht - WULLBRANDT Rechtsanwälte

(zur Entscheidung des SG Gießen, Urteil vom 07.02.2015 – S 14 AL 17/12)

Arbeitnehmer haben grundsätzlich mit Eintritt der Insolvenz ihres Arbeitgebers einen Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld für die Dauer von drei Monaten. Diese Ansprüche werden bei der zuständigen Agentur für Arbeit geltend gemacht. Die Ansprüche müssen allerdings nachgewiesen werden – wenigstens durch Vorlage von Belegen vergangener Gehaltszahlungen. Dies entschied das Sozialgericht Gießen mit Urteil vom 07.02.2015 (Az.: S 14 AL 17/12, noch nicht rechtskräftig).

Verdienst ohne schriftlichen Arbeitsvertrag und Abrechnungen nicht nachweisbar

Der Kläger ist Berufskraftfahrer, er war (nach eigenem Bekunden) zwei Monate bei einem Speditionsunternehmen als Fahrer tätig gewesen. Es existierte kein schriftlicher Arbeitsvertrag. Beiträge zur Sozialversicherung hatte das Unternehmen nicht abgeführt, der Geschäftsführer war nicht mehr greifbar. Der Kläger trug im Prozess vor, es sei ein monatliches Entgelt in Höhe von 2.000 Euro netto vereinbart gewesen, gezahlt worden seien ihm aber lediglich 1.000 Euro. Der Lohn habe bar gezahlt werden sollen, Abrechnungen und Bankbelege seien daher nicht vorhanden. Er wollte nun bei der zuständigen Agentur für Arbeit Ansprüche auf Insolvenzgeld geltend machen und legte Tachoscheiben vor, aus denen sich der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit ergab. Die Agentur lehnte ab, nachdem der Insolvenzverwalter die Höhe der Forderung bestritten hatte.

Mangelnder Nachweis geht zu Lasten des Anspruchstellers

Das SG Gießen gab der Arbeitsagentur Recht. Aufgrund der Tachoscheiben stehe zwar fest, dass der Kläger in dem von ihm behaupteten zeitlichen Umfang bei dem Unternehmen gearbeitet habe. Es stehe aber nicht fest, in welcher Höhe ihm auch Ansprüche auf Arbeitsentgelt zugestanden hätten. Die Nichterweislichkeit der tatsächlichen monatlichen Vergütung gehe zu seinen Lasten, auf ein solches Arbeitsverhältnis mit nur mündlichen Vereinbarungen hätte er sich nicht einlassen dürfen.