Keine Einziehung von Speichermedien wenn Löschung möglich ist
Soll im Strafverfahren mit dem Urteil eine Einziehung von Tatmitteln erfolgen, so ist durch das entscheidende Gericht zwingend zu Prüfen, ob nicht anstelle der Einziehung eine weniger einschneidende Maßnahme mit dem gleichen Zweck erfolgen kann. Bei Speichermedien bedeutet dies, dass eine Rückgabe der Medien zu erfolgen hat, wenn eine dauerhafte Löschung der relevanten Daten möglich ist.
(BGH, Beschluss vom 11.10.2016 – 4 StR 192/16, BeckRS 2016, 19422)
BGH: Keine Anordnung der Einziehung von Speichermedien bei Möglichkeit einer nicht wiederherstellbaren Löschung
Diese Konstellation ist von hoher praktischer Relevanz – am Ende eines Strafverfahrens wird mit dem Urteil in sehr vielen Fällen die Einziehung der zur Tat verwendeten Gegenstände aus dem Eigentum des Täters gemäß § 74 StGB angeordnet. Gerade bei Verfahren wegen Drogenhandel bedeutet das in den meisten Fällen, dass die verwendeten Mobiltelefone eingezogen und damit enteignet werden. Der Angeklagte steht damit oft vor dem ganz „alltäglichen“ Problem, dass mit dem Handy zumeist hunderte bis tausende seiner privaten Fotos, Telefonnummern, E-Mails etc. auf einen Schlag abhanden gekommen sind (da immer noch die wenigsten Smartphone-Nutzer eine Kopie Ihrer Daten laufend spiegeln, beispielsweise in eine Cloud).
Bei Daten als Tatmittel reicht unwiderrufliche Löschung aus
In dem hier vom BGH entschiedenen Fall war der Angeklagte wegen „schweren sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ vom Landgericht verurteilt worden, welches im gleich Zug die Einziehung von Handy, externer Festplatte und Laptop angeordnet hatte.
Der BGH hatte sodann in der Revision festgestellt, dass in Fällen der Einziehung nach §§ 74, 74a StGB zwingend zu prüfen sei, ob unter Anordnung des Vorbehalts der Einziehung eine weniger einschneidende Maßnahme hätte getroffen werden können, durch die der Zweck der Einziehung gleichermaßen hätte erreicht werden können.
Das Landgericht hätte also prüfen müssen, welche Dateien das in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall tatgegenständliche Bildmaterial enthalten, hätte deren unwiderrufliche Löschung verfügen und sodann die Geräte an den Verurteilten herausgeben müssen.
Bei der Einziehung von Handys kommt jedenfalls die Herausgabe der Speicherkarte in Betracht
Der Bundesgerichtshof weist also nochmals darauf hin, dass eine Einziehung von Tatmitteln nicht ohne weitere Prüfung möglich ist. Steht ein milderes, im Vergleich zur sonst gebotenen Einziehung gleichermaßen geeignetes Mittel zur Verfügung, ist die Einziehung vorzubehalten und eine entsprechende Anordnung zu treffen.
In der Praxis begegnet die Verteidigung allerdings oft dem Umstand, dass das entscheidende Gericht der Prüfung der Voraussetzungen der Einziehung kein besonderes Gewicht zu Teil kommen lässt und oft vorschnell eine Einziehung aller als Tatmittel beschlagnahmter Gegenstände anordnet. Dabei dürfte insbesondere die Einziehung von Speicherkarten, welche sich im Handy befinden oder auch der Daten, welche im Handy selbst gespeichert sind, erheblichen Bedenken begegnen und so nicht zulässig sein.