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Sechs Jahre Haft für Herausgeber von „Medienbriefen“

Entscheidung - WULLBRANDT Rechtsanwälte

Für den Verkauf und Vertrieb sogenannter „Medienbriefe“ als vermeintlich sichere Geldanlage hat das Landgericht Osnabrück einen 62-jährigen wegen Betruges in 165 Fällen und Insolvenzverschleppung zu 6 Jahren Haft verurteilt.

Betrug mit „Medienbriefen“ – Landgericht Osnabrück verhängt 6 Jahre Haft

Der Angeklagte war in der Vergangenheit Herausgeber der „Osnabrücker Sonntagszeitung“ gewesen. Die durch die Strafkammer des Landgerichts ausgeurteilte Strafe fiel verhältnismäßig hoch aus – wohl auch, da es sich bei den Opfern des Mannes fast ausschließlich um einfache Leute gehandelt hatte, die dem Mann in Erwartung einer absolut sicheren Kapitalanlage Gelder anvertraut hatten, auf welche sie für ihre Familien und den Ruhestand angewiesen waren.

Kleinanleger im Rahmen eines Schneeballsystems betrogen

Was war geschehen? Der Angeklagte war von Dezember 2009 bis einschließlich 2014 alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter eines Verlages gewesen, welcher die „Osnabrücker Sonntagszeitung“ herausgab. Als solcher hatte er fortlaufend in der von ihm herausgegebenen Sonntagszeitung die sogenannten „Medienbriefe“ als sichere Geldanlage mit einer Rendite von 4 bis 6,25% beworben. Den Vertrieb dieser „Medienbriefe“ tätigte er selbst. Dabei teilte er den Interessenten in den Beratungsgesprächen jeweils mit, dass es sich dabei um eine sichere Geldanlage handele, welche jederzeit ohne Verlustrisiko wieder veräußert werden könne. Der Angeklagte informierte die Interessenten indes nicht, dass es sich bei den „Medienbriefen“ um stille Gesellschaftsbeteiligungen an der Verlagsgesellschaft mit Totalverlustrisiko handele. Ebenso verschwieg er, dass die Gesellschaft bereits seit 2001 keine Gewinne mehr eingefahren hatte.

Anlegergelder zur Auszahlung von Vorabgewinnen genutzt

Da die Verlagsgesellschaft defizitär war, verwendete der Angeklagte zunächst weite Teile der eingesammelten Anlegergelder, um die andernfalls drohende Insolvenz des Unternehmens abzuwehren und den Betrieb der Sonntagszeitung aufrecht zu erhalten. Daneben nahm er Auszahlungen von Vorabgewinnen an bestehende Anleger vor, welche so nie erzielt worden waren. Durch das Handeln des Angeklagten entstand bei dern betrogenen Anlegern ein Gesamtschaden in Höhe von etwa 1.6 Millionen Euro. Besonders bitter für einige der Anleger: Der für die Abwicklung der Insolvenz des Verlagshauses bestellte Insolvenzverwalter fordert nun auch die durch den Angeklagten – formal zu unrecht – geleisteten Gewinnauszahlungen von den Anlegern zurück, da diese stille Gesellschafter des Verlagshauses geworden waren.