Zum Wirtschaftsstrafrecht zählen die Delikte und Strafvorschriften, welche im Bereich der Wirtschaft liegende Tatbestände unter Strafe stellen. Mit solchen Vorwürfen sehen sich nicht nur Akteure konfrontiert, die in etwa in speziellen Wirtschaftsbereichen wie dem Kapitalmarkt agieren.
Das Wirtschaftsstrafrecht / Unternehmensstrafrecht umfasst alle thematischen Komplexe, die im Zusammenhang mit einer geschäftlichen Tätigkeit stehen (Insolvenzverschleppung, Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen, Zollvergehen, Umweltstraftaten, Korruption und Bestechlichkeit). Zum Wirtschaftsstrafrecht zählen neben Delikten wie Kapitalanlagebetrug auch klassische Vermögensdelikte wie Betrug und Untreue.
Jede unternehmerische Tätigkeit und jedes Handeln im Wirtschaftsleben kann in den Fokus staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gelangen. Fehler und Vergehen können hier sowohl für die einzelnen handelnden Personen als auch für deren Unternehmen existentielle Folgen haben.
Gerade im Umfeld von Unternehmensinsolvenzen kommt es sehr häufig zu anschließenden Strafverfahren gegen die ehemaligen Geschäftsführer des insolventen Unternehmens wegen Insolvenzstraftaten wie Insolvenzverschleppung, Bankrott, Verletzung der Buchführungspflichten, Gläubigerbegünstigung oder wegen des Verdachts des Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen. Jede Insolvenzakte wird durch das Insolvenzgericht zu einer Prüfung solcher Tatbestände der örtlichen Staatsanwaltschaft zugeleitet.
Im Wirtschaftsstrafrecht richtet sich ein strafrechtlicher Vorwurf grundsätzlich gegen die Personen hinter dem Unternehmen (Geschäftsführer und Mitarbeiter). Die Folgen des Strafverfahrens im Wirtschaftsstrafrecht treffen also zumeist nicht das Unternehmen, sondern die handelnden Personen. Das betrifft Geldstrafen ebenso wie – im schlimmsten Falle – Freiheitsstrafen.
Neben wirtschaftsstrafrechtlichen Regelungen im Strafgesetzbuch (StGB) gibt es für Inhaber von Unternehmen weitere Strafvorschriften, aus deren Verletzung erhebliche negative Folgen entstehen können. So regelt beispielsweise § 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG), dass
Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.
Wer hiergegen verstößt, dem droht persönlich gemäß Absatz 3 des § 130 OWiG eine Geldbuße bis zu 1 Million Euro.
Daneben drohen bei Verurteilungen wegen wirtschaftsstrafrechtlicher Delikte häufig auch schwerste persönliche Konsequenzen für den Mandanten. So darf gemäß § 6 Absatz 2 des Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) niemand Geschäftsführer einer GmbH sein, der in der Vergangenheit wegen Insolvenzverschleppung, falscher Angaben gegenüber dem Registergericht (82 GmbHG / § 399 AktG), unrichtiger Darstellungen (§ 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG, § 17 PublG), Betrug (einschließlich Computerbetrug, Subventionsbetrug (§ 264 StGB), Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB), Kreditbetrug (§ 265b StGB)), Untreue oder Beitragsvorenthaltung verurteilt wurde. Diese sogenannte „Inhabilität“ geht zumeist mit dem Verlust der persönlichen Existenz einher.
Ebenso schwerwiegend und teils existenzvernichtend können auch die wirtschaftsstrafrechtlichen Folgen für das Unternehmen sein. So ermöglicht § 30 OWiG wegen Verstößen gegen Wirtschaftsstrafrecht Geldbußen gegen das Unternehmen in Höhe von bis zu 10 Millionen Euro. Daneben sind weitere Rechtsfolgen (z.B.Verfall und Einziehung, Abführung des Mehrerlöses) möglich.