Tim Wullbrandt || Strafrecht in Mannheim

VG Neustadt: Unwissentliche Einnahme von Amphetaminen vor Autofahrt muss glaubhaft gemacht werden zu VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 02.12.2014 – 3 L 994/14.NW..

Der Landkreis Germersheim hat einem Autofahrer den Führerschein entzogen, nachdem dieser bei einem Diskobesuch Amphetamine konsumiert hatte. So entschied das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit Beschluss vom 02.12.2014 in einem Eilverfahren.

Der Fahrer hatte behauptet, die Amphetamine unwissentlich konsumiert zu haben. Das Gericht wertete das jedoch als als bloße Schutzbehauptung (Az.: 3 L 994/14.NW.).

Diskobesucher verliert Führerschein wegen Konsum von Drogen

Was war geschehen? Der Fahrer war nach einem Diskothekenbesuch in eine Verkehrskontrolle geraten. Dabei ergab sich der Verdacht, dass er Drogen konsumiert hatte (Lidflattern, Zittern der Fingerkuppen). Eine dem Fahrer entnommene Blutprobe belegte die Einnahme von Amphetaminen. Die Fahrerlaubnisbehörde (Landkreis Germersheim) entzog ihm daraufhin wegen mangelnder Fahreignung den Führerschein und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Fahrer legte dagegen Widerspruch ein und beantragte vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht. Er trug vor, das Amphetamin unwissentlich konsumiert zu haben. Die Amphetaminspuren in seinem Blut stammten von einem Diskothekenbesuch, bei dem ihm jemand das Mittel in sein Getränk geschüttet haben müsse, ohne dass er es bemerkt habe.

Verwaltungsgericht: Unbewusster Konsum von Drogen muss glaubhaft gemacht werden

Das Gericht hat den Eilantrag abgelehnt. Die Entziehung des Führerscheins sei offensichtlich rechtmäßig. Bereits ein einmaliger Konsum von Amphetaminen führe in der Regel zum Ausschluss der Fahreignung. Grundsätzlich sind die Voraussetzungen für die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges erfüllt, wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis – objektiv – Drogen zu sich nehme. Auf ein vorsätzliches oder schuldhaftes Verhalten komme es für die Feststellung des Regeltatbestandes, der hier gegeben sei, nicht an. Ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt liege nicht vor. Die Glaubhaftmachung eines unbewussten, zufälligen oder durch Dritte manipulierten Konsums harter Drogen setze detaillierte, in sich schlüssige Darlegungen voraus, die einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen ließen. Diesen Anforderungen genüge das Vorbringen des Antragstellers nicht. Allein die Vermutung, die Droge könnte ihm von einer anderen Person verabreicht worden sein, rechtfertige noch nicht die Annahme, der Antragsteller habe das in seinem Blut festgestellte Amphetamin unwissentlich aufgenommen.

Vorbringen des Antragstellers als bloße Schutzbehauptung zu werten

Der Antragsteller hatte zunächst gegenüber dem Verwaltungsgericht argumentiert, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihn mangels Tatverdachts eingestellt worden sei. Die Drogen in seinem Blut stammten von einem Diskothekenbesuch, bei dem ihm jemand etwas (> Amphetamin) in sein Getränk geschüttet haben müsse, ohne dass er es bemerkt hat. Er habe in der Vergangenheit bis Juni 2013 einige Male Drogen genommen. Da er sich dabei zuletzt sehr schlecht gefühlt habe, habe er beschlossen, dies nie wieder zu tun. Am Abend des 7. Juni 2014 habe er in einer Diskothek Jacky Cola getrunken. Auf einmal habe er die Wirkung von „Speed“ gespürt. Sofort habe er versucht zu klären, wie es dazu gekommen sei. Seine Kumpels hätten ihn nur ausgelacht und gesagt, er solle halt besser auf sein Glas aufpassen. Er sei dann nach Hause gegangen und habe sich übers Wochenende ausgeruht. Erst am Montagabend habe er sich ans Steuer gesetzt. Seither kaufe er in Diskotheken nur die geschlossenen Getränke, die er vor seinen Augen öffnen lasse oder selbst öffne. In Bezug auf die Einnahme des Amphetamins habe er nicht schuldhaft gehandelt.

Das Gericht ist dem nicht gefolgt und wertete das Vorbringen als Schutzbehauptung. Dies gelte insbesondere bei einer Würdigung seines Vorbringens unter Einbeziehung seines Aussageverhaltens nach dem im Rahmen der Verkehrskontrolle durchgeführten Urintest, der positiv auf Amphetamin ausgefallen sei, und seiner in dem ärztlichen Befundbericht festgehaltenen Angaben anlässlich der Blutentnahme nach der Verkehrskontrolle. Weder habe der Fahrer den Polizeibeamten den nunmehr behaupteten Sachverhalt unterbreitet noch habe er gegenüber dem die Blutprobe abnehmenden Arzt trotz Nachfrage nach Medikamenten- und Drogeneinnahme entsprechende Angaben gemacht. Insgesamt sei der vom Antragsteller jetzt erst behauptete Geschehensablauf zur Überzeugung der Kammer als Schutzbehauptung einzustufen.

Fazit

Wer in die Situation gerät, dass er – sei es im Rahmen einer Verkehrskontrolle – plötzlich feststellt, dass er unter Drogen steht, der muss sich zur Rettung des Führerscheins SOFORT überrascht zeigen und Polizei und Ärzten mitteilen, dass er vermutet, dass ihm jemand Drogen eingeflößt hat. Nur so wahrt man seine Chancen im Verwaltungsverfahren um den Entzug des Führerscheins!

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Das Oberlandesgericht in Düsseldorf hat in der vergangenen Woche entschieden: Ab dem 01.01.2015 wird der in der „Düsseldorfer Tabelle“ zu berücksichtigende Selbsterhalt eines erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen aufgrund der gestiegenen Lebenserhaltungskosten von 1.000 Euro auf 1.080 Euro erhöht,  sofern dieser für minderjährige Kinder oder Kinder bis zum 21. Lebensjahr, die im Haushalt eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, zur Zahlung verpflichtet sind. Bei nicht erwerbstätigen steigt der Selbstbehalt mit dem neuen Jahr von 800 Euro auf 880 Euro. Diese Anpassung berücksichtigt die Erhöhung der „Hartz IV“ Sätze zum 01.01.2015

Reicht das Gehalt des Unterhaltspflichtigen (in 90 Prozent der Fälle sind dies die Väter) nicht aus, um den in der „Düsseldorfer Tabelle“ bemessenen Unterhalt der Kinder zu zahlen, wird die (ab Januar 2015 nun höhere) Differenz bei den Kindern abgezogen.

Die Unterhaltssätze der Kinder können laut Oberlandesgericht (OLG) nicht erhöht werden. Diese richten sich nach dem steuerlichen Kinderfreibetrag, der vom Bundesfinanzministerium festzusetzen ist und dessen Anhebung voraussichtlich im Laufe des Jahres 2015 erfolgen soll. Bis dahin müsse es bei den aktuellen Kindesunterhaltsbeiträgen bleiben.

Tim Wullbrandt || Strafrecht in Mannheim

Wer erheblich und im schlimmsten Fall einschlägig vorbestraft ist, der muss bei einem weiteren Diebstahl auch dann, wenn er nur Dinge geringsten Wertes gestohlen hat, mit Haft bzw. Freiheitsstrafe rechnen! So zumindest hat es jetzt das OLG Hamm mit Urteil vom 21.10.2014 – 1 RVs 82/14 – entschieden.

Haft für Wodkaflasche

Was war passiert? Der Angeklagte stahl in einem Supermarkt eine Flasche Wodka zum Preis von 4,99 Euro) (!). Er ist alkoholkrank, wegen Diebstahls mehrfach vorbestraft und war zuvor bereits längere Zeit in Haft. Er wurde erwischt, die entwendete Flasche Wodka gelangte zurück in den Besitz des Supermarktes. Im Strafverfahren legte der Angeklagte ein Geständnis ab. Das Amtsgericht Siegen verhängte gegen den Angeklagten eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 10 Euro. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft sprach das Landgericht Siegen in zweiter Instanz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten aus – ohne Bewährung. Der Angeklagte legte Revision ein.

Oberlandesgericht: Kurze Freiheitsstrafe trotz winzigem Schaden wegen erheblicher Vorstrafen angemessen

Die Revision hatte nur teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht entschied, dass auch zur Ahndung von Bagatellstraftaten kurzzeitige Freiheitsstrafen verhängt werden können.Vorliegend habe sich eine solche Bestrafung wegen der zahlreichen, überwiegend einschlägigen Vorstrafen und wegen dem Umstand, dass er sich weder durch zuvor verhängte Geldstrafen noch durch Bewährungsstrafen und die Vollstreckung kurzzeitiger Freiheitsstrafen von der Begehung der neuerlichen Tat habe halten lassen, nahezu aufgedrängt. Das Oberlandesgericht sah auch keinen Verstoß gegen das Gebot schuldangemessener Strafen bei Verhängung der kurzen Haftstrafe.

Darf es doch ein bisschen weniger sein?

Allerdings war die vom Landgericht in der Berufungsinstanz verhängte dreimonatige Freiheitsstrafe auf einen Monat und eine Woche zu reduzieren. Das Oberlandesgericht war der Auffassung, das Landgericht Siegen habe strafmildernde Umstände nicht ausreichend berücksichtigt. Der Angeklagte habe ein Geständnis abgelegt, der Schaden liege im untersten Bereich der Geringwertigkeit und die gestohlene Sache sei im Endeffekt beim Geschädigte verblieben. Ausserdem sei der Angeklagte alkoholkrank und habe die Tat im erheblich alkoholisierten, seine Schuldfähigkeit vermindernden Zustand begangen.