BGH bestätigt Verurteilung eines Amtsrichters wegen Rechtsbeugung
Ein thüringischer Richter am Amtsgericht wurde zu Recht wegen Rechtsbeugung im Amt in 7 Fällen verurteilt. So zumindest entschied kürzlich der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 24.02.2016 – Aktenzeichen 2 StR 533/15. Dabei wollte er „nur“ der Bußgeldbehörde eine Lektion erteilen…
BGH bestätigt die Verurteilung eines Amtsrichters wegen Rechtsbeugung
Was war geschehen? Der angeklagte Richter hatte mehrfach, jedenfalls in 7 Fällen, Temposünder in Ordnungswidrigkeitenverfahren freigesprochen. Dies hatte er jeweils damit begründet, es läge ein „Verfahrenshindernis“ vor, da die jeweilige Bußgeldbehörde weder Messprotokoll noch Eichschein der jeweiligen Messung von sich aus vorgelegt habe. Das Landgericht Erfurt hatte hierin jeweils Fälle der Rechtsbeugung gesehen und den Richter wegen dieser Vorgänge zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen hatte der Richter Revision eingelegt.
Aufklärungspflicht in OWi-Verfahren gegen Temposünder verletzt
Warum gilt ein Freispruch als Rechtsbeugung? Nun, grundsätzlich ist das nicht per se der Fall. Hier ist es allerdings so, dass auch in Bußgeld- und Ordnungswidrigkeitenverfahren – ebenso wie in „normalen“ Strafsachen – das Gericht eine Aufklärungspflicht trifft. Das Gericht selbst hat also alle zur Wahrheitsfindung notwendigen Beweismittel beizuziehen. In Bußgeldverfahren gegen Temposünder ist es allgemein bekannt, dass zur Überprüfung der Messung das Messprotokoll und der Eichschein des Messgeräts notwendig sind. Liegen diese also nicht schon sowieso in der Bußgeldakte, dann muss das Gericht im Rahmen seiner Aufklärungspflicht diese von dort anfordern.
Richter wollte Bußgeldbehörde eine Lektion erteilen
Offensichtlich störte es den Richter, dass die Bußgeldbehörde in ihren Verfahrensakten nie die erforderlichen Messprotokolle und Eichscheine beifügte (und er sie gesondert anfordern musste). Er traf daher mehrere Entscheidungen dahingehend, dass die Temposünder wegen eines „Verfahrensfehlers“ (= die Protokolle lagen dem Richter nicht vor) freigesprochen wurden. Augenscheinlich wollte der Richter der Bußgeldbehörde damit eine Lektion a la „wenn ihr die Unterlagen nicht selbst beibringt, dann lasse ich die Leute laufen“ erteilen. Daraus wurde jedoch nichts, denn das thüringische Oberlandesgericht hob mehrere dieser Entscheidungen rückwirkend auf.
OLG Thüringen sah Aufklärungspflicht verletzt – den Richter störte das nicht
Das OLG Thüringen sah in den aufgehobenen Entscheidungen die Aufklärungspflicht des Richters verletzt. Diesen indes störte das offenbar wenig – er sprach weiter mehrere Temposünder frei, weil Protokolle nicht zu Beginn des OWi-Verfahrens vorlagen.
Landgericht Erfurt sieht Rechtsbeugung in den Freisprüchen
Das Landgericht Erfurt nahm sich der entsprechenden Anklage an und verurteilte den Richter wegen tatmehrheitlicher Rechtsbeugung. Es begründet seine Entscheidung damit, dass der verurteilte Richter bei seinen Entscheidungen es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese falsch seien. Dies habe er jedoch in Kauf genommen, um der Bußgeldbehörde eine Lektion zu erteilen. Dabei habe er die ihm obliegende Aufklärungspflicht des Gerichts zwar gekannt, diese aber sehenden Auges missachtet.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts, welches ihn zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten zur Bewährung verurteilt hatte, hatte er (selbstverständlich) Revision eingelegt und diese damit begründet, er habe keinen Vorsatz hinsichtlich der abgeurteilten Rechtsbeugung gehabt. Ausserdem sei er zu den Tatzeitpunkten krankheitsbedingt schuldunfähig gewesen. Die Revision hatte keinen Erfolg – der BGH bestätigte nun die Entscheidung des Landgerichts Erfurt.