Die Erstattung von Kita- und Kindergartenbeiträgen bei Streik – gibt es Geld zurück?

Rechtsanwältin für Familienrecht || Alexandra Wullbrandt

Die Erzieher streiken und die Kitas sind geschlossen – die Leidtragenden sind nahezu ausnahmslos die Eltern. Um der eigenen Arbeit nachgehen zu können muss irgendwoher eine ersatzweise Betreuung für die Kinder organisiert werden – was spätestens dann zum Problem wird, wenn die Großeltern selbst arbeitstätig sind und / oder nicht in greifbarer Nähe leben. Nachdem der Kita-Streik nun schon einige Wochen andauert, ziehen die Auswirkungen des Streiks erste weite Kreise: So fällt in einigen Schulen mittlerweile Unterricht aus, weil die Lehrer selbst ihre kleinen Kinder nicht mehr betreut werden.

Um so ärgerlicher ist für viele Eltern, dass die Gebühren und Beiträge für die Kinderbetreuung weiter anfallen – obwohl aufgrund des Streiks kein Betreuungsangebot zur Verfügung steht. Die Frage, ob man die Gebühren für den Streikzeitraum erstattet bekommen kann, stellt sich daher vielfach.

Auf diese Frage hört und liest man in den Medien bislang häufig nur Statements und Kommentare von Kommunen, welche ja in den meisten Fällen die Träger der Kinderbetreuung sind. Unter dem profanen Argument „Die Beiträge kommen ja den Kindern zu Gute“ lehnen bislang die meisten Kommunen eine Erstattung der gezahlten Beiträge ab. Lediglich einige große Städte wie München, Düsseldorf, Stuttgart und Dortmund haben bereits angekündigt, die Beiträge automatisch rückwirkend zu erstatten. Hier müssen Eltern nichts tun außer abwarten, bis die Erstattung per Verrechnung mit zukünftigen Beiträgen erfolgt.

In anderen Städten und Gemeinden funktioniert das leider nicht so einfach. In Anbetracht der oftmals leeren Stadtkassen bemühen sich die Kommunen ungemein, eine Rückerstattung der Beiträge für die Kinderbetreuung zu vermeiden. Was können und müssen betroffene Eltern in solchen Fällen tun?

Laufende Beiträge müssen gezahlt werden!

UnterhaltZunächst einmal folgendes: Laufende fällig werdende Beiträge müssen jedenfalls weiter gezahlt werden! Es funktioniert nicht, einfach die Zahlung der laufenden Beiträge auszusetzen, bis der Streik beendet ist. In diesem Fall würde man mit den fälligen Beiträgen in Verzug geraten und gerät in Gefahr, dass die Kommune die ausstehenden Beiträge mit erheblichen kosten (zu Recht) eintreibt. Das sollte unbedingt vermieden werden.

Mögliche Erstattung muss im Einzelfall geprüft werden

Ob eine Erstattung möglich ist, muss dagegen im Einzelfall geprüft werden. Dies hängt von mehreren Faktoren ab.

Zunächst muss man wissen, dass der Streik dem Arbeitgeber hinsichtlich der Personalkosten gewisse Erleichterungen bringt. Denn: Während eines Streiks muss der Arbeitgeber seinen streikenden Arbeitern und Angestellten keinen Lohn zahlen. Die Lohnansprüche der Streikenden werden während dieser Zeit aus den Streikkassen der Gewerkschaft (zumindest anteilig) bedient. Die tatsächlichen Kosten der Kommune für die (faktisch nicht stattfindende) Kinderbetreuung sinken also für die Dauer des Streiks erheblich.

In den meisten Fällen erfolgt die Kinderbetreuung in einer Kindertagesstätte auf Grundlage eines Vertrages zwischen Eltern und KiTa / deren Träger. Gegebenen Falles nimmt solch eine Vereinbarung auch Bezug auf eine kommunale Satzung, in der die Nutzung der Betreuungseinrichtung und die dafür fälligen Beiträge geregelt sind. Dieser Nutzungsvertrag und die zugrunde liegende Satzung (wenn es sie gibt) sind entscheidend für die Frage, ob eine Erstattung der Gebühren möglich ist oder nicht.

Erstattung vertragliche ausgeschlossen?

deutsche Gesetze & SmartphoneEinige Kommunen treffen in ihren Nutzungsverträgen Regelungen darüber, dass, wenn die Leistung des Trägers der KiTa aufgrund „außergewöhnlicher Umstände“ oder „höherer Gewalt“  nicht erbracht werden kann, eine Kostenerstattung ausgeschlossen ist. Im Umkehrschluss beruft man sich dann darauf, dass es sich bei einem Streik um solche „außergewöhnlichen Umstände“  oder „höhere Gewalt“ handelt. Diese Regelungen können verglichen werden mit beispielsweise den Regelungen und Vertragswerken beim Kauf von Flug- oder Bahntickets. Auch hier wurde in den meisten Fällen durch die Gerichte anerkannt, dass es sich bei einem Streik um „höhere Gewalt“ handelt – was paradox ist, da bei den Gehalts- und Tarifverhandlungen für Erzieher die Arbeitgeber mit am Tisch sitzen und diese daher den Arbeitskampf direkt beeinflussen können.

Erstattung grundsätzlich möglich – wenn keine wirksame Ausschlussklausel vorliegt

Findet sich im Vertrag oder der Satzung keine eindeutige Ausschlussregelung, dann sind die Beiträge grundsätzlich durch die Gemeinde zu erstatten. Die Gemeinde kann die Erstattung dann auch nicht mit dem Hinweis auf die leere Stadtkasse oder mit dem Einwand, man könne die Gebühren anderweitig nutzen, verweigern.

Weigert sich eine Kommune nachhaltig, die Gebühren zu erstatten, kann hier sogar gerichtlich eine Erstattung durchgesetzt werden. Im „schlimmsten“ Fall könne man hier die Gemeinde sogar zwingen, ihre gesamte Kalkulation dar zu legen, um die tatsächlichen Kostenersparnisse durch die Personaleinsparungen offen zu legen.

Was sollen Eltern nun tun?

Betroffene Eltern sollten jedenfalls gegenüber der Stadt oder der Gemeinde schriftlich die Erstattung der Beiträge geltend machen und einfordern!

Selbst dann, wenn vertraglich ein Ausschluss vereinbart ist, gibt es einige Kommunen, die aus Kulanz Beiträge erstatten. Lehnt die Kommune die Erstattung unter Hinweis auf eine Ausschlussklausel ab, dann könnte noch immer eine Prüfung der Satzung auf ihre Rechtmäßigkeit erfolgen – was jedoch meist eine langwierige und oftmals unverhältnismäßig teure Sache ist. Lehnt die Kommune jedoch ohne nachhaltige Begründung ab, dann sollte man – eventuell mit anwaltlicher Unterstützung – die Ablehnung detailliert prüfen und seine Ansprüche konsequent gegenüber der Trägerin der Kindertagesstätte durchsetzen.

 

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