Strafrecht Prozesse und Verfahren

zu VG Koblenz, Beschluss vom 09.08.2013 – 6 L 790/13.KO.

Ein Polizeikommissaranwärter, der vor Antritt seiner Ausbildung Drogen (hier: Cannabis) konsumiert hat, darf wegen ernsthafter Zweifel an seiner charakterlichen Eignung vorläufig vom Dienst suspendiert werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz mit Beschluss vom 09.08.2013 in einem Eilverfahren entschieden (Az.: 6 L 790/13.KO).

Kommissaranwärter wird wegen Cannabiskonsums suspendiert

Der Antragsteller macht seit Mai 2013 eine Ausbildung zum Polizeikommissar. Im Juli 2013 erfuhren die Vorgesetzten, dass er vor seiner Einstellung Kontakte zur Drogenszene hatte. Nachdem er hierzu vernommen worden war und dabei die Einnahme von Cannabis vor Antritt der Ausbildung eingeräumt hatte, verbot der Dienstherr ihm die Führung seiner Dienstgeschäfte und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung an. Der Antragsteller erhob Widerspruch und begehrte beim VG vorläufigen Rechtsschutz.

VG: Drogenkonsum führt zu Zweifeln an charakterlicher Eignung

Das Gericht lehnte dies aber ab. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen, so das Gericht, ergebe, dass die Belange des Anwärters zurückstehen müssten. Es lägen zwingende dienstliche Gründe vor, die es nicht zuließen, den Beamten auf seinem Dienstposten zu lassen. Der Leiter der Landespolizeischule habe plausibel dargelegt, dass ernsthafte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers für den Polizeiberuf bestünden. Ein Drogenkonsum eines Beamten stehe generell nicht im Einklang mit den für den Polizeiberuf geforderten persönlichen Eigenschaften. Bereits in der Ausbildung und erst recht im späteren Berufsleben werde ein Polizist auch zur Verfolgung von Drogendelikten eingesetzt. Diese nachvollziehbare Einschätzung rechtfertige die Suspendierung des Anwärters vom Dienst und sei verhältnismäßig, auch wenn sich der Antragsteller noch in der Ausbildung befinde. Hierfür spreche nicht nur der Umstand, dass Polizisten Dienstwaffenträger seien und bereits während ihrer Ausbildung zur Verfolgung von Straftaten eingesetzt würden. Hinzu komme, dass Polizeibeamte während ihrer Ausbildung auch Kenntnisse über Interna (z. B. polizeitaktisches Wissen) erhielten, die nicht in falsche Hände gelangen dürften. Könnte der Anwärter seine Ausbildung beenden und erweise sich später endgültig seine Ungeeignetheit für den Polizeiberuf, bestehe die Gefahr einer unzulässigen Weitergabe dieser Informationen. Von daher würden dienstliche Interessen beeinträchtigt, falls der Anwärter bis zu einer endgültigen Entscheidung über seine Entlassung einstweilen im Dienst verbleibe.

(Quelle: Pressestelle des Verwaltungsgerichts Koblenz, http://www.mjv.rlp.de/Gerichte/Fachgerichte/Verwaltungsgerichte/VG-Koblenz/Presseerklaerungen/)

Strafrecht Urteile und Entscheidungen

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.04.13   V R 29/10

Wer sich als Unternehmer gegen den Verdacht zur Wehr setzt, im Zusammenhang mit seiner unternehmerischen Tätigkeit eine Straftat begangen zu haben, kann die an seinen Strafverteidiger entrichtete Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 11. April 2013 (V R 29/10) entschieden.

Der Kläger, ein Bauunternehmer, hatte mutmaßlich eine Zuwendung an einen Entscheidungsträger eines potentiellen Auftraggebers geleistet, um einen Bauauftrag zu erlangen. Gegen ihn und einen seiner Angestellten wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Kläger und sein Angestellter ließen sich durch Strafverteidiger vertreten. Das Bauunternehmen machte den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen beider Strafverteidiger geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Der BFH hat nun die Auffassung des Finanzamts bestätigt. Abziehen kann der Unternehmer die Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer „für sein Unternehmen“ ausgeführt worden sind. Streitig war, ob die Strafverteidiger Leistungen für das Unternehmen oder für die Privatpersonen erbracht hatten. Deswegen hatte der BFH in derselben Sache zuvor bei dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) angefragt, ob es für den Vorsteuerabzug auf den maßgeblichen Entstehungsgrund der Aufwendungen ankomme, dass nämlich die mutmaßliche Straftat im Interesse des Unternehmens begangen wurde oder ob das unmittelbare Ziel der erbrachten Leistung, eine Bestrafung zu verhindern, entscheidend sei (BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2011 V R 29/10 (BFHE 236, 242, BStBl II 2012, 441).

Letzteres ist nach dem in diesem Streitfall ergangenen EuGH-Urteil vom 21. Februar 2013 C-104/12 zutreffend. Leistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen zu verhindern, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, eröffnen danach kein Recht auf Vorsteuerabzug. Dem hat sich der BFH in dem jetzt veröffentlichten Urteil angeschlossen.

Die Vorlage an den EuGH beruhte auf der europarechtlichen Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts und der sich hieraus ergebenden Verpflichtung zur sog. richtlinienkonformen Auslegung.

Hinweis: Die Entscheidung hat nur für die Umsatzsteuer Bedeutung. Die ertragssteuerrechtliche Frage, ob Aufwendungen für eine Strafverteidigung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sein können, wird davon nicht berührt.

Quelle: Bundesfinanzhof

Den Volltext der Entscheidung finden Sie HIER.

Ihr

Tim Wullbrandt

Rechtsanwalt

WULLBRANDT Rechtsanwälte
Wörrstadt | Mannheim
www.wullbrandt-rechtsanwaelte.de

Strafrecht Ratgeber und Guidelines
Die Beratung von Managern – also insbesondere Geschäftsführern und Gesellschaftern von Unternehmen – in Verfahren wegen Managerhaftung, also der persönlichen Inanspruchnahme für Schäden der Gesellschaft oder deren Gläubiger nimmt in Zeiten der Krise einen immer größeren und wichtigeren Platz im Rahmen unserer anwaltlichen Beratung ein. Wo beispielsweise eine GmbH als Schuldnerin wegen einer Insolvenz ausfällt liegt nicht selten nichts näher als der Gedanke, man könne sich Außenstände ja bei den handelnden Personen direkt zurückholen.

Insbesondere als – zumeist angestellter – Geschäftsführer einer solchen Gesellschaft ist man zunächst versucht, sich vollends vor dem Schutzschirm der ausschließlichen (beschränkten) Haftung des Gesellschaftsvermögenszu verstecken. Doch was viele Geschäftsführer nicht wissen – dieser Schutzschirm hat einige Löcher, durch welche Gesellschaftsgläubiger und auch die in ihren Gewinnerwartungen enttäuschten Gesellschafter empfindlich Rückgriff auf die handelnden Geschäftsführer nehmen können.

Nachdem uns im Rahmen einer Seminarveranstaltung am vergangenen Samstag in Köln – mit einem im Übrigen hervoragenden Vortrag des Kollegen Björn Fiedler, Köl – wieder einmal bewusst geworden ist, welch immense Risiken hier für den handelnden Geschäftsführer einer GmbH verborgen sind – und im Umkehrschluss welche Möglichkeiten für einen Gesellschafter einer juristischen Person oder deren Gläubiger – haben wir uns entschlossen, in den kommenden Wochen in unserem Blog eine Reihe von Artikeln zu veröffentlichen, in denen die wichtigsten Themen und Risikoansätze zur Managerhaftung aus anwalticher Sicht aufgezeigt und Lösungsmöglichkeiten vorgestellt werden.

Teil 1 unserer Reihe sowie eine Vorschau auf alle vorgestellten Themen wird im Laufe der übernächsten Kalenderwoche erscheinen. Über Fragen und Anregungen aber freuen wir uns bereits ab sofort.

Mit den besten Grüßen aus Mannheim

Tim Wullbrandt

Rechtsanwalt

Mehr Informationen unter www.wullbrandt-rechtsanwaelte.de

Kontaktieren Sie mich per Mail: twu(at)wullbrandt-rechtsanwaelte.de

Strafverteidigung - aktuelle ProzesseIm Rahmen einer Terminsvertretung hatten wir vor kurzen die erste Akte in der Kanzlei, in der ein Gastronom sich wegen einer Urheberrechtsverletzung vor dem Strafrichter (hier in Stuttgart) verantworten muss. Was war geschehen? Der Mandant betrieb ein Bistro und hatte darin einen Fernseher stehen. Auf diesem – so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft – habe der aus Italien stammende Mandant seinen vorwiegend italienischen Gästen mindestens zwei mal Fussballübertragungen italienischer Spiele des Senders SKY präsentiert, ohne die Berechtigung zur öffentlichen Wiedergabe zu besitzen. Eine klassische Urheberrechtsverletzung.

Dabei stellt sich auf den ersten Blick die Frage, weshalb ein solcher „klassisch abmahnwürdiger“ Vorgang beim Strafgericht landet. Denn grundsätzlich würde man damit rechnen, dass SKY dem Gastronom eine Abmahnung mit strafbewehrter Unterlassungserklärung und entsprechender Schadenersatzforderung zukommen lässt. Das wäre auch möglich – aber Vorsicht: Das gewerbsmäßige Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe ohne Berechtigung ist eine Straftat (§ 106, 108 UrhG)!

Bislang hatten sich Rechteinhaber wie SKY zumeist damit begnügt, zivilrechtlich Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung geltend zu machen. Nachdem wir deswegen zunächst dachten, dass es sich bei unserem Fall um einen Einzelfall handelt, hat uns ein Telefonat mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart in Alarmzustand versetzt. Dort liegt wohl eine Vielzahl gleichlaufender Verfahren vor, wobei wohl fast alle betroffenen Gastronomen in den kommenden Tagen und Wochen Strafbefehle mit empfindlichen Geldstrafen erhalten werden.

Offenbar ist SKY dazu übergegangen, massenhaft per Musterschreiben Strafanzeigen bei den örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften zu erstatten.

Betroffenen Gastronomen können wir an dieser Stelle nur dringend raten, sich sofort nach Bekanntwerden eines solchen Verfahrens gegen sie Rat und Hilfe durch einen Strafverteidiger einzuholen. Nur so kann die Chance gewahrt werden, hier die im Strafbefehl ausgesprochene Strafe deutlich zu mindern oder ein drohendes Gerichtsverfahren mit allen negativen Konsequenzen abzuwehren.

Selbstverständlich steht auch Rechtsanwalt Tim Wullbrandt Ihnen gerne in einem solchen Verfahren als versierter Strafverteidiger bundesweit zur Seite. Für eine entsprechende einfache Kontaktaufnahme haben wir Ihnen hier ein Kontaktformular zur Verfügung gestellt.

Beste Grüße,

Tim Wullbrandt