Sorgerecht und Umgang - Anwältin für Familienrecht - Alexandra Wullbrandt

Abmahnungen bei Wettbewerbsverstößen auch kleinster Natur mit anschließenden Eilverfahren und Unterlassungsklagen haben noch immer Konjunktur und dienen vor allem den Abmahnvereinen und ihren Anwälten als „Cash Cow“ – bedingt durch die relativ hohen Streitwerte und die sich daraus ergebende Gebührenlast zu Lasten des Abgemahnten. Wie man sich erfolgreich dagegen wehren kann und warum eine Streitwertbeschwerde für den Mandanten lohnt, zeigen wir an einem unserer Fälle.

Hohe Streitwerte bei Abmahnungen machen Verfahren teuer

Das ist Fakt: Bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen, die zu einer Abmahnung führen, sind die jeweiligen Streitwerte durchweg hoch. Selbst bei kleineren Verstößen ist es Gang und Gäbe, dass die später mit der Sache befassten Gerichte Streitwerte im Bereich von 10.000 bis 50.000 EUR ansetzen. Das ist für den abgemahnten Mandanten ärgerlich, da sich auf dieser Grundlage die von ihm an den Gegner zu erstattenden (und in gleicher Höhe an seinen eigenen Anwalt zu zahlenden) Gebühren bemessen. So kann es durchaus dazu kommen, dass ein kleines Versehen in einer Impressumsangabe oder ein Fehler bei einem Angebot auf einer Webseite oder in einem E-Bay-Angebot mehrere tausend Euro nur an Anwalts- und Gerichtsgebühren kostet.

Streitwert lässt sich zu Gunsten des abgemahnten Mandanten senken

Wir hatten aktuell genau ein solches Verfahren in der Bearbeitung: Unser Mandant hatte bei einem Angebot auf seiner Webseite einen kleinen Fehler gemacht, welcher durch einen der üblichen Abmahnvereine sofort abgemahnt wurde. Der Mandant beseitigte sofort nach Erhalt der Abmahnung den Fehler, gab jedoch die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab. Ironischer Weise machte er mit dem fehlerhaft beworbenen Produkt keinerlei Umsätze. Knapp zwei Monate nach Erhalt der Abmahnung wurde er vom Abmahnverein auf Unterlassung verklagt. Da der Sachverhalt eindeutig war wurde unmittelbar nach Anzeige der Verteidigung beim zuständigen Landgericht Mainz der Klageanspruch auf Unterlassen anerkannt. Es kam zu keinem Termin.

Der klagende Abmahnverein hatte nun bereits mit der Klage einen Streitwert von 12.000 EUR für das Verfahren angegeben und beantragte nun Streitwertfestsetzung und Kostenfestsetzung auf Grundlage dieses Streitwertes. Bei einem Streitwert von 12.000 EUR hätte dies zur Folge, dass der Mandant alleine knapp 2.100 EUR an den Kläger zu erstatten hätte – plus noch einmal unserer Gebühren in Höhe von weiteren knapp 1.800 EUR. Der Fehler in seinem Angebot hätte ihn damit fast 4.000 EUR gekostet.

Landgericht Mainz: Streitwertbeschwerde hat Erfolg, Streitwert ist herabzusetzen

Auch wenn wir uns damit um unsere eigenen Gebühren bringen (da auch unsere Vergütung sich nach dem Streitwert richtet) – im Interesse unseres Mandanten hatten wir gegen die Festsetzung des Streitwertes in Höhe von 12.000 EUR sogenannte Streitwertbeschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Streitwert weitest möglich zu reduzieren. Die Beschwerde wurde mit der Einfachheit der Sache sowie den geringen wirtschaftlichen Auswirkungen des abgemahnten Fehlers begründet.

Unsere Streitwertbeschwerde hatte Erfolg – das Landgericht half der Beschwerde nun per Beschluss ab und setzte den Streitwert für das wettbewerbsrechtliche Klageverfahren auf 6.000 EUR fest (Beschluss vom 29.06.2016, Aktenzeichen 12 HK O 17/16).

In der Begründung des Gerichts lautet es, dass das Landgericht einen Streitwert in höhe von 6.000 EUR bei derart einfach gelagerten Fällen und bei solch geringen wirtschaftlichen Auswirkungen des Wettbewerbsverstoßes als absolut ausreichend ansehe (wir hatten hierzu in unserer Beschwerde ausführlich begründet, der Kläger hatte dies nicht hinreichend bestritten).

Fazit: Streitwertbeschwerde kann im Sinne des Mandanten lohnenswert sein

Als Anwälte sind wir verpflichtet, die Interessen unseres Mandanten bestmöglich zu wahren. Dies kann – wie hier – bei einer in der Hauptsache eindeutigen Angelegenheit auch darin bestehen, die sich für den Mandanten ergebende Gebührenlast zu verringern – auch wenn es gleichzeitig zu Lasten des eigenen Gebührenanspruches geht! In unserem Fall führte das dazu, dass sich die Gebührenlast des Mandanten fast halbierte.

Gerade in wettbewerbsrechtlichen Verfahren (Abmahnung, Unterlassungsklagen), bei welchen der Streitwert zur Gebührenerlangung oftmals (zu) hoch angesetzt wird, lohnt es sich daher, durch eine sauber begründete Streitwertbeschwerde die auf den Mandanten zukommenden Kosten des Verfahrens zu reduzieren.

Bei einem Anlagebetrug im Rahmen eines Schneeballsystems gilt die gesamte Anlagesumme als Schaden. Dies entschied der BGH mit Beschluss vom 02.03.2016 – Aktenzeichen 1 StR 433/15 (Vorinstanz LG Nürnberg-Fürth).

Bei Anlagebetrug gilt gesamte Anlagesumme als Schaden

Der BGH verwarf mit diesem Beschluss die Revision der Angeklagten, welche sich gegen die Verurteilung durch das Landgericht Nürnberg-Fürth gewehrt hatten.

Der für die Bestimmung des Vermögensschadens aufgrund einer Gesamtsaldierung maßgebliche Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung durch den Geschädigten (näher BGH, Urteile vom 2. Februar 2016 – 1 StR 435/15 Rn. 20 und 1 StR 437/15 Rn. 33 mwN). Nach Auffassung des BGH auf Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem Landgericht konnten die Rückzahlungsansprüche der Anleger im zu entscheidenden Fall bereits zu diesem Zeitpunkt, also als die Anlage (und damit die Vermögensverfügung) getätigt wurde, als wirtschaftlich wertlos angesehen werden, weil die Möglichkeit der Rückführung der vereinnahmten Gelder sowie ggf. der Auszahlung vertraglich versprochener Renditen ausschließlich von der zukünftigen Einnahme weiterer betrügerisch erlangter Gelder von Anlegern durch den Angeklagten abhing (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, Rn. 18). Dies ist der typische Fall im Rahmen sogenannter „Schneeballsysteme“. Die späteren Entwicklungen in Gestalt von Rückzahlungen an die Anleger berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, Rn. 15 und vom 4. Februar 2014 – 3 StR 347/13).

(Teilweise) Rückzahlung ist unerheblich

Nach Ansicht des BGH, welche dieser in allen zuvor genannten Entscheidungen vertritt, ist es daher für die Berechnung des Schadens auch unerheblich, ob der Täter zwischenzeitlich den Anlegern des Schneeballsystems (anteilige) Beträge zurückerstattet hat. Das wirkt sich lediglich auf die Strafzumessung aus. Für die Berechnung des Schadens beim Anlagebetrug ist daher lediglich relevant, ob das Anlagesystem wie bei einem Schneeballsystem von Anfang an darauf ausgelegt war, das Geld der Anleger zweckwidrig zu verwenden. In diesem Fall ist der Schaden bereits in voller Höhe der Anlagesumme entstanden, wenn der Anleger die Anlagesumme an den Betreiber des Schneeballsystems verfügt hat.