WULLBRANDT Rechtsanwälte | Heidelberg & Wörrstadt

Mit dem vorliegenden Beschluss entschied der Bundesgerichtshof, dass eine weitere Strafmilderung nach § 28 Abs.1 StGB in Verbindung mit § 49 Abs.1 StGB nicht zu erfolgen hat, wenn die Tat lediglich wegen fehlender, die Strafbarkeit begründender persönlicher Merkmale bereits nach § 27 Abs.2 StGB gemildert wurde.

Dies war in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall gegeben. Nach den Feststellungen des Senats war der Angeklagte an der Firma B. GmbH & Co. KG maßgeblich mit 38 % beteiligt. Die Firma B. T. GmbH betrieb er sogar allein. Er hatte als maßgeblicher Mitgesellschafter bzw. Alleininhaber der Unternehmen und als an der Tatplanung wesentlich Beteiligter Tatherrschaft über das Geschehen und ein erhebliches Eigeninteresse am Zustandekommen der verfahrensgegenständlichen Verträge mit der Firma p. Die Strafkammer hat den Angeklagten daher ersichtlich nur deshalb (lediglich) wegen Beihilfe verurteilt, weil er gegenüber der Firma p. nicht vermögensbetreuungspflichtig war, so dass die unterlassene weitere Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB nach Auffassung des BGH nicht zu beanstanden war.

Aus der unterlassenen Strafmilderung nach § 28 Abs.1 in Verbindung mit § 49 Abs.1 StGB ergibt sich kein durchgreifender Rechtsfehler. Zwar stellt die nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB dar. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten, wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein deshalb erfolgt, weil das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt.

strafrecht_rechtsanwaelte_wullbrandt

Bei Fällen wie diesen stellt sich die Frage, ob man sie hier in die Kategorie „Entscheidungen“ oder „Kurioses“ einordnet – ich bin mir bis jetzt nicht sicher… Was ist geschehen?

63-jähriger Anwalt beleidigt Amtsanwältin

Seine guten Manieren völlig vergessen hat offensichtlich ein 63-jähriger Rechtsanwalt aus Lahnstein, der im Eifer des Gefechts – und noch dazu vor Gericht eine Amtsanwältin in einem an diese gerichteten Schreiben (!) als «Schmalspurjuristin» bezeichnet, die nicht fähig sei, auf der Klaviatur des Rechts auch nur «Hänschen klein» zu klimpern. Der Anlass des ganzen? Eine Anzeige des Anwalts gegen einen Lkw-Fahrer wegen Unfallflucht. Die Amtsanwältin hatte das Verfahren eingestellt – wohl sehr zum Ärger des Anwalts.

Auch vor Gericht keine Reue gezeigt

Vor Gericht sagte der Angeklagte Anwalt, er sei sich keiner Schuld bewusst. Er selbst sei auch schon als Feld-, Wald- und Wiesenanwalt tituliert worden. Den Vorschlag des Richters, sich bei der Amtsanwältin zu entschuldigen und eine Geldbuße zu zahlen, um eine Verurteilung zu vermeiden, lehnte der 63-jährige Anwalt ab. Zum hiesigen Verfahren war es gekommen, nachdem der Leiter der Staatsanwaltschaft Limburg durch das Schreiben des Anwalts seine Mitarbeiterin diffamiert sah und den Rechtsanwalt angezeigt hatte

Gericht verhängt Geldstrafe in Höhe von 3.000 EUR wegen Beleidigung

Das Amtsgericht Limburg verhängte am 25.03.2015 gegen den Juristen eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu 100 Euro.

19 Hedge-Fonds mussten heute in ihrem gegen die Porsche SE angestrengten Verfahren vor dem OLG Stuttgart eine herbe Niederlage hinnehmen.  Der zweite Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat die Berufungen der Hedge-Fonds zurückgewiesen und damit ein Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17. März 2014 bestätigt.

Hedge-Fonds scheitern in zweiter Instanz mit Schadenersatzklage

Die Fondsgesellschaften hatten mit ihrer ursprünglichen Klage – zunächst vor dem Landgericht Stuttgart – geltend gemacht, der Plan zur Übernahme von Volkswagen sei spätestens seit Februar/März 2008 gefasst und aktiv verfolgt worden. Dennoch habe die Beklagte in Presseinformationen, veröffentlichten Interviews ihres Führungspersonals und telefonischen Äußerungen gegenüber Vertretern der Klägerinnen eine zielgerichtete Desinformation betrieben. Dies stelle eine zum Schadensersatz verpflichtende unzulässige Marktmanipulation nach § 20a WpHG sowie eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB dar.

Schadensersatz wegen Marktmanipulation in Höhe von 1,2 Milliarden Euro gefordert

Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht Stuttgart machten  nun noch 19 Fondsgesellschaften im Berufungsverfahren insgesamt 1.177.866.853,31 € Schadensersatz aus Leerverkäufen von VW-Stamm­aktien geltend.

OLG verneint sittenwidrige Schädigung

Das Urteil behandelt verschiedene Anspruchsgrundlagen. Zentral ist der Vorwurf, das Verhalten von Porsche sei als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) zu bewerten. Dies hat der Senat, wie zuvor schon das Landgericht, verneint. Der Anspruch aus § 826 BGB setzt eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens voraus, einfache Vertragsverletzungen oder Gesetzesverstöße genügen regelmäßig nicht. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sind die maßgeblichen Umstände und Indizien zu bewerten. Der Senat konnte keine grob unrichtigen Auskünfte feststellen, die eine besondere Verwerflichkeit begründen könnten. Die Pressemitteilung der Beklagten vom 10. März 2008 sei allenfalls doppeldeutig gewesen und auch durch Analysten unterschiedlich interpretiert worden. Die angeblichen Auskünfte des „Investor Relations Manager“ der Beklagten seien nicht sittenwidrig gewesen. Dass die Kontaktaufnahme durch die Klägerinnen erfolgt sei, spreche gegen eine zielgerichtete Desinformation durch Porsche. Die Auffassung der Klägerinnen führe zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen faktischen Zwang zur Offenlegung von Unternehmensgeheimnissen ihnen gegenüber. Zudem sei die beabsichtigte Ausnutzung eines so erlangten Wissens im Zuge von Leerverkäufen zu Lasten der Klägerinnen in die Abwägung einzustellen.

Kein Schädigungsvorsatz erkennbar

Darüber hinaus seien weder ein Schädigungsvorsatz der Beklagten, noch die Ursächlichkeit angeblicher Falschinformationen für bestimmte Verkäufe, noch eine bestimmte Schadenshöhe feststellbar.

Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 20a WpHG beziehungsweise §§ 37b und c WpHG wurden verneint, denn § 20a WpHG ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. §§ 37b und c WpHG waren nicht einschlägig, weil dort nur die Haftung des Emittenten geregelt ist, Porsche aber keine Aktien verkauft hat. Die Verletzung von Pflichten im Zusammenhang mit notwendigen Ad-hoc-Mitteilungen war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Eine Aussetzung des Verfahrens hatte der Senat abgelehnt. Die Revision wurde nicht zugelassen, die Klägerinnen können eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof einreichen (§ 544 ZPO).

(zu OLG Stuttgart, Urteil vom 26.03.2015 – 2 U 102/14, Quelle: http://www.olg-stuttgart.de/pb/,Lde/Startseite/PRESSE/Klage+von+Hedge_Fonds+gegen+Porsche_Holding_SE+ohne+Erfolg/?LISTPAGE=1178276)

strafrecht_rechtsanwaelte_wullbrandt

Weil er ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer Frau hatte und dabei der Virus übertragen wurde, hat das Landgericht Aachen einen HIV-positiven Mann wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Der Angeklagte hatte die Frau nicht über seine Infektion informiert. Das Gericht bewertete das Geschehen «lediglich» als fahrlässige Körperverletzung. Die Deutsche Aids-Hilfe begrüßte die Entscheidung. Bisher seien der Bundesgerichtshof wie auch Instanzgerichte in solchen Fällen stets von Vorsatz ausgegangen oder hätten angenommen, die Angeklagten hätten die Infektion ihrer Partner «billigend in Kauf genommen», heißt es in einer Mitteilung vom 24.03.2015.

Kein Vorsatz trotz Kenntnis der HIV-Infektion

Das Gericht gelangte zu der Überzeugung, der Angeklagte habe seine Infektion aus Angst vor Verlust der Beziehung verschwiegen und gehofft, seine Partnerin werde sich nicht infizieren. Wie die AIDS-Hilfe mitteilt, hatte ein medizinischer Gutachter erklärt, das Übertragungsrisiko sei gering gewesen, da sich im Blut des Mannes nur relativ wenige HI-Viren befunden hätten. Der Angeklagte habe zudem versucht, seine Partnerin zu schützen, sei aber aufgrund der Umstände und seiner Angst gescheitert.Das Gericht sah dementsprechend keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte vorsätzlich gehandelt habe.

Erstmals Entscheidung ohne Vorsatz

Die Deutsche AIDS-Hilfe lobte die Urteilsbegründung. Erstmals habe ein Gericht anerkannt, dass man bei der HIV-Übertragung nicht automatisch von Vorsatz ausgehen dürfe. Fast immer sei – wie in diesem Fall – Angst der Grund dafür, dass Menschen ihre Infektion nicht thematisierten. Dem gelte es Rechnung zu tragen. Das Strafrecht sei dafür kein geeignetes Mittel, betonte Izdebski.

Aids-Hilfe grundsätzlich gegen Strafbarkeit der Infektion

Das Gericht hat den Angeklagten in drei weiteren Fällen freigesprochen. Da zum Zeitpunkt des Geschehens aufgrund seiner HIV-Therapie keine Viren mehr in seinem Blut nachweisbar waren, habe er HIV nicht mehr übertragen können.

Die Aids-Hilfe lehnt die Strafbarkeit der HIV-Übertragung prinzipiell ab, weil diese der Verbreitung von HIV Vorschub leiste. Die Kriminalisierung konterkariere die erfolgreiche Botschaft, dass jeder Mensch selbst Verantwortung für seinen Schutz übernehmen müsse, indem sie die Verantwortung einseitig den HIV-Positiven zuschreibe, so die Aids-Hilfe.

Tim Wullbrandt || Strafrecht in Mannheim

In seinem Urteil vom 04.11.2014 – 1 StR 233/14 – hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass allein die Durchführung der Drogenauslieferung mit einem Kraftfahrzeug nicht die Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründet. Ganz nebenbei stellte der BGH dabei auch noch in prozessualer Hinsicht fest, dass eine Erstreckung der Revision auf Mitangeklagte bei einer Maßregel dann ausscheidet, wenn deren Verhängung auf höchst individuellen Verhältnissen des Täters bzw. Tatbeteiligten beruht.

Nur die Drogenkurierfahrt begründet noch keinen Fahreignungsmangel

Was war passiert? Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist von zwei Jahren für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis festgesetzt. Die Tatbeiträge des Angeklagten bestanden in der Übernahme von Teilmengen der von den nicht revidierenden Mitangeklagten gehandelten Betäubungsmittel von diesen zu übernehmen, die Drogen an die Endabnehmer der Betäubungsmittel persönlich auszuliefern, die dafür vereinbarten Entgelte zu vereinnahmen und später an die Mitangeklagten zu übergeben. Bei den vorgenannten Vorgängen benutzte der Angeklagte jeweils seinen PKW.

Angeklagter betrieb Lieferdienst für Betäubungsmittel

Der BGH hat auf die Revision des Angeklagten das Urteil des Landgerichts im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass die Anordnung der Maßregel entfällt. Nach Auffassung des BGH tragen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 I StGB nicht.

Das Landgericht war – rechtlich unzutreffend – vom Vorliegen der in § 69 StGB verlangten „Ungeeignetheit“ des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen. Die vom Tatgericht herangezogene Nutzung des Fahrzeugs zur Begehung der Betäubungsmittelstraftaten allein begründet das Vorliegen der Voraussetzungen von § 69 I StGB nicht. Nach dieser Vorschrift liegt Ungeeignetheit vor, wenn eine Würdigung der körperlichen, geistigen oder charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass die Teilnahme des Tatbeteiligten am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde. Dabei muss sich die Ungeeignetheit gerade aus der verfahrensgegenständlichen Tat bzw. den Taten ergeben. Kommt – wie hier – ausschließlich eine charakterliche Ungeeignetheit in Betracht, müsse die Anlasstat selbst tragfähige Rückschlüsse auf die Bereitschaft des Täters zulassen, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Zielen unterzuordnen.

Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs muss sich aus Anlasstat ergeben

Das Landgericht indes war davon ausgegangen, die Durchführung der Drogenauslieferungen sowie der damit verbundenen Vorgänge mit einem Kraftfahrzeug als solche würden die Ungeeignetheit begründen. Der BGH war anderer Auffassung. Nach dessen Auffassung hat das Landgericht in rechtlicher Hinsicht verkannt, dass die Belange der Verkehrssicherheit in Kurierfällen, in denen – wie auch vorliegend – der Tatbeteiligte in seinem Fahrzeug lediglich Rauschgift transportiert, gerade nicht ohne Weiteres beeinträchtigt sind. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass Rauschgifttransporteure bei Verkehrskontrollen zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen sind, besteht nach Ansicht des BGH nicht.

Gefährdung des Straßenverkehrs notwendig

Über die bloße Nutzung des Fahrzeugs als Transportmittel der Betäubungsmittel sowie bei dem Vereinnahmen der Entgelte hinausgehende Umstände, aus denen eine Ungeeignetheit abgeleitet werden könnte, weise das Urteil nicht aus. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte bei den Kurierfahrten durch eigenen Drogenkonsum fahruntüchtig oder in seiner Fahrtauglichkeit eingeschränkt war, lagen dem Landgericht nicht vor. Im Gegenteil sprechen die zu den persönlichen Verhältnissen getroffenen Feststellungen über die geringe Häufigkeit des Konsums von Kokain und die Anlässe für diesen Konsum dagegen, dass es bei dem Angeklagten zu einem den Auslieferungsfahrten vorausgegangenen Gebrauch von Kokain oder sonstigen Betäubungsmitteln gekommen sein könnte. Die für die Entziehung der Fahrerlaubnis notwendigen Mängel beim Angeklagten lagen somit nicht vor.

Angesichts der festgestellten Modalitäten der Auslieferungsfahrten durch den A und dessen lediglich sporadischen, nicht mit diesen Fahrten in Zusammenhang stehenden Drogenkonsums schließt der Senat die Möglichkeit weitergehender Feststellungen, die eine verkehrssicherheitsrelevante Ungeeignetheit im Sinne von § 69 I StGB begründen könnten, aus. Er lässt daher in entsprechender Anwendung von § 354 I StPO den Maßregelausspruch entfallen.

Charakterliche Mängel individuell zu prüfen – daher keine Erstreckung der Revision auf Mitangeklagte

Der Bundesgerichtshof erstreckt den Wegfall der Maßregel nicht auf die – nicht in Revision gegangenen – Mitangeklagten, denen das Landgericht ebenfalls jeweils die Fahrerlaubnis bei einer Sperrfrist von zwei Jahren entzogen hat. Zwar liege den Maßregelanordnungen auch das rechtsfehlerhafte Verständnis der „Ungeeignetheit“ gemäß § 69 IStGB zugrunde, sodass eine Erstreckung gemäß § 357 StPO rechtlich in Erwägung gezogen werden könnte. Da die Voraussetzungen der fehlenden Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs im Rahmen von § 69 I StGB als charakterliche Ungeeignetheit jedoch jeweils auf die höchst individuellen Verhältnisse des Täters bzw. Tatbeteiligten bezogen werden müssen, sei keine Erstreckung vorzunehmen gewesen.

Tim Wullbrandt || Strafrecht in Mannheim

Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung des früheren thüringischen Innenministers Christian Köckert wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsannahme durch das Landgericht Meiningen im Schuldspruch als rechtskräftig bestätigt. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wurden durch den BGH mit Urteil vom 17.03.2015 zurückgewiesen (Az.: 2 StR 281/14).

BGH bestätigt Schuldspruch des Landgerichts Meiningen

(zu BGH, Urteil vom 17.03.2015 – 2 StR 281/14)
Das Landgericht Meiningen hatte den Angeklagten wegen Abgeordnetenbestechung sowie wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Vom Vorwurf der Vorteilsannahme in einem weiteren Fall hatte es den Angeklagten freigesprochen.

„Beratervertrag“ mit Projektentwickler JUWI

Der Angeklagte bekleidete von 1999 bis 2002 das Amt des thüringischen Innenministers. Im September 2009 wurde er zum ehrenamtlichen Beigeordneten und Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Stadt Eisenach gewählt. Am 28. Juli 2010 schloss er einen Beratervertrag mit dem Wörrstädter Unternehmen „JUWI“, das sich mit der Projektentwicklung im Bereich erneuerbare Energien befasste. Darin verpflichtete er sich, die wirtschaftlichen Interessen des Vertragspartners gegen ein Entgelt von 700 Euro pro aufgewendetem Arbeitstag zu vertreten. In einer mündlichen Zusatzvereinbarung ließ sich der Angeklagte diese Vorteile dabei nicht nur für private Tätigkeiten, sondern auch für eine sich damit überschneidende Dienstausübung versprechen.

Beraterhonorar für Diensttätigkeit vereinbart

Der Angeklagte informierte den Oberbürgermeister zwar allgemein darüber, dass er einen Beratervertrag abgeschlossen habe, teilte ihm aber weder die genauen Konditionen noch die konkreten Tätigkeiten mit, die er seinem Vertragspartner in Rechnung stellte. Der Oberbürgermeister erteilte dem Angeklagten den Auftrag, im Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 Verhandlungen mit dem Thüringer Bau- und Umweltministerium zu führen, in denen es um eine Erweiterung der sog. Windvorranggebiete ging. Der Angeklagte führte diesen Auftrag aus und nahm Einfluss auf eine entsprechende Beschlussvorlage des Stadtrats der Stadt Eisenach. Diese und andere Tätigkeiten rechnete er gegenüber seinem Vertragspartner als Beratungstätigkeit ab.

Dienstliche Tätigkeit bei der Planung von Windvorranggebieten privat abgerechnet

Mit Vereinbarung vom 20. Dezember 2010 wurde der ursprünglich bis zum 31. Dezember 2010 befristete Beratervertrag bis zum 31. Dezember 2011 verlängert. Der Angeklagte ließ sich in diesem Vertrag durch eine zumindest stillschweigend getroffene Zusatzvereinbarung auch für seine Dienstausübung Vorteile in Form eines Beratungshonorars versprechen.

Das Landgericht hatte die Zusatzvereinbarungen zu den beiden Beraterverträgen jeweils als strafbare Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB gewertet und angenommen, eine Genehmigung der Vorteile durch den Oberbürgermeister habe nicht vorgelegen.

Weiterer „Beratervertrag“ mit Elektrofachmarkt

Zudem schloss der Angeklagte im März 2011 mit einem anderen Unternehmen einen vergütungspflichtigen Beratungsvertrag, der eine Unterstützung bei der Bauleitplanung hinsichtlich der geplanten Ansiedelung eines Elektrofachmarkts in Eisenach zum Gegenstand hatte. Von der vom Angeklagten geschuldeten „Beratungs“-Leistung war nach einer mündlichen Zusatzvereinbarung auch umfasst, dass der Angeklagte bei einer künftigen Abstimmung des Stadtrats für die Aufhebung eines früheren, dem Interesse seines Auftraggebers entgegenstehenden Beschlusses und für eine geänderte Planung stimmen sollte, welche diesen Interessen entsprach. In einer Abstimmung des Stadtrats am 24. Juni 2011 stimmte der Angeklagte entsprechend ab. Dieses Verhalten des Angeklagten hat das Landgericht als Abgeordnetenbestechung gemäß § 108e Abs. 1 StGB in der bis zum 31. August 2014 geltenden Fassung gewertet.

Revisionen von Angeklagtem und Staatsanwaltschaft nur hinsichtlich Strafhöhe erfolgreich

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat die für den zweiten Beratervertrag vom 20. Dezember 2010 verhängte Einzelstrafe sowie die Gesamtstrafe wegen eines Wertungsfehlers aufgehoben, im Übrigen aber beide Revisionen als unbegründet verworfen. Er hat entschieden, dass die Beurteilung des Landgerichts rechtsfehlerfrei war, wonach der Angeklagte mit dem Energie-Unternehmen korruptive Unrechtsvereinbarungen abgeschlossen habe. Die Entgegennahme der „Beraterhonorare“ war weder durch allgemeine Regeln noch durch eine Genehmigung gedeckt, denn der Angeklagte hatte wesentliche Inhalte der von ihm geschlossenen Verträge gegenüber seinem Dienstherrn verschwiegen.

Beurteilung des Landgerichts als korruptive Unrechtsvereinbarungen korrekt

Auch die Verurteilung wegen Abgeordnetenbestechung begegnete keinen rechtlichen Bedenken. Nach den Feststellungen des Landgerichts gehörte zum unausgesprochenen Inhalt des vom Angeklagten geschlossenen Vertrags, dass er selbst bei der als erforderlich vorausgesetzten (neuen) Abstimmung im Stadtrat für die seinen Auftraggeber begünstigende Planänderung stimmte. Das Vorbringen des Angeklagten, dies sei von Anfang an und unabhängig von der Zuwendung seine Meinung gewesen, hat das Landgericht zu Recht als irrelevant angesehen.

Der Schuldspruch wegen Abgeordnetenbestechung und Vorteilsannahme in zwei Fällen ist damit rechtskräftig. Über die Strafzumessung hinsichtlich der aufgehobenen Einzelstrafe und der Gesamtstrafe muss eine andere Strafkammer des Landgerichts Meiningen neu befinden.

Verfahren gegen weitere Beteiligte wahrscheinlich

Nachdem der Schuldspruch gegen den ehemaligen Minister nunmehr rechtskräftig geworden ist kann davon ausgegangen werden, dass das Landgericht Meiningen die bislang zurückgestellten Verfahren gegen die anderen an den Taten beteiligten Personen wieder aufleben lässt. So ist insbesondere zu erwarten, dass die zuständige Staatsanwaltschaft gegen den Vorstand des Projektentwicklers JUWI, Matthias Willenbacher, ein weiteres Verfahren wegen Korruption einleiten wird. Wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung ist Willenbacher bereits angeklagt.

(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, Pressestelle)

 

Tim Wullbrandt || Strafrecht in Mannheim

(zu OLG Hamm, Beschluss vom 15.01.2015 – 1 RBs 232/14.)

Auch die Nutzung des Mobiltelefons als Navigationsgerät oder die Verwendung anderer entsprechender Dienste (Internet) fällt unter § 23 Abs. 1a StVO und ist damit verboten. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit einem Beschluss vom 15.01.2015 klargestellt und damit die obergerichtliche Rechtsprechung bestätigt.

Nutzung des Handys als Navigationsgerät ist verboten

Demnach darf ein Handy auch in diesen Fällen beim Autofahren nicht in die Hand genommen und festgehalten werden. Erlaubt ist dies nur dann, wenn das Fahrzeug steht und wenn bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist (Az.: 1 RBs 232/14, BeckRS 2015, 02410, rechtskräftig).

OLG Hamm bestätigt Geldbuße

Der Betroffene aus Marl befuhr im Dezember 2013 die BAB 2 bei Castrop-Rauxel. Dabei hielt er sein Mobiltelefon, ein für mehrere Sekunden in der Hand und nutzte dessen Funktionen. Gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten gab er an, nicht telefoniert, sondern nur auf das Gerät geschaut zu haben. Er habe eine Werkstatt gesucht, nachdem die Motorkontrollleuchte aufleuchtete. Wegen dieser Tat verurteilte ihn das Amtsgericht Castrop-Rauxel am 01.10.2014 wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße von 40 Euro.

Beide Hände für «Fahraufgabe» erforderlich

Den Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des AG zuzulassen, hat der Erste Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm jetzt verworfen. Der Senat folgte der obergerichtlichen Rechtsprechung, nach der auch die Nutzung der Navigationsfunktion des Mobiltelefons unter § 23 Abs. 1a StVO fällt. So habe bereits der Fünfte Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm mit Beschluss vom 18.02.2013 (BeckRS 2013, 04297) zutreffend ausgeführt, dass eine gemäß § 23 Abs. 1a StVO verbotene «Benutzung» in jeder bestimmungsgemäßen Bedienung des Geräts liege, also neben dem Telefonieren auch den Abruf von Navigationsdaten erfasse. § 23 Abs. 1a StVO solle gewährleisten, dass der Fahrzeugführer auch dann, wenn er ein Mobiltelefon benutzt, beide Hände frei hat, um die «Fahraufgabe» zu bewältigen. Dementsprechend falle auch der Einsatz des Mobiltelefons für Abfragen über das Internet unter § 23 Abs. 1a StVO.

Scheidung_Trennung

Sind Scheidungskosten steuerlich absetzbar?

Das Statistische Bundesamt hat bekannt gegeben, dass aktuell jährlich circa 380 000 Ehen eingegangen werden, dem stehen 190 000 Scheidungen gegenüber.
Sicherlich keine gute Bilanz. Nicht genug, dass ein Lebensplan gescheitert ist, kommen oftmals auch noch hohe Kosten durch die Scheidung auf die Eheleute zu. Nachdem alles durchstanden ist stellt sich für viele die Frage ob die Scheidungskosten zumindest steuerlich abgesetzt werden können.
Die Antwortet ist, wie bei Juristen so häufig: „Es kommt drauf an!“ Und zwar aktuell auf das Bundesland in dem die Steuer erklärt wird:

Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern

Gerade aufgrund der ansteigenden Scheidungsquote von rund 50% hat das Finanzgericht Niedersachsen entschieden, dass die Scheidungskosten keine außergewöhnliche Belastung darstellen, da die Scheidung der Ehe gerade die Regel geworden sei. Mit seiner Entscheidung vom 18.02.2015 hat das Finanzgericht Niedersachsen auch auf die Neufassung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz verwiesen, wonach der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Jahr 2013 die Abzugsfähigkeit der Scheidungskosten als Prozesskosten generell abgeschafft habe.

Sachsen: nein – Rheinland-Pfalz: ja!

Dieser Entscheidung hat sich das Sächsische Familiengericht angeschlossen.  Die Finanzgerichte Rheinland – Pfalz und Münster haben sich hingegen weiterhin für die Abzugsfähigkeit der Scheidungskosten ausgesprochen.
Zwischenzeitlich wurde das Verfahren an den Bundesfinanzhof weitergegeben welches nun eine Grundsatzentscheidung treffen muss. Das Verfahren kann noch mehrere Monate hin dauern.

Tim Wullbrandt || Strafrecht in Mannheim

Ist eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Akteninhalt im Rahmen der Hauptverhandlung erforderlich und reicht die eingeschränkte Akteneinsicht des Angeklagten hierfür nicht aus, ist gemäß § 140 II StPO ein Pflichtverteidiger zu bestellen.

(zu LG Köln, Beschluss vom 29.08.2014 – 113 Qs 51/14)

Sachverhalt

Dem Angeklagten (A) wird (jedenfalls auch) die Begehung einer falschen Verdächtigung gem. § 164 StGB vorgeworfen. Die beantragte Beiordnung des Verteidigers des A gem. § 140 II StPO lehnte das AG mit Beschluss vom 16.7.2014 ab. Hiergegen wendet sich A mit der Beschwerde.

Rechtliche Wertung

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers gem. § 140 II StPO sei im Hinblick auf den Umstand, dass nach § 147 I StPO nur der Verteidiger umfassende Akteneinsicht habe, angezeigt, wenn für eine sachdienliche Verteidigung die genaue Aktenkenntnis erforderlich sei. Vorliegend sei dem AG zwar insoweit zuzustimmen, als es sich weder um eine besonders komplizierte oder umfangreiche Sache gehandelt habe noch schwierige Rechtsfragen zu entscheiden gewesen seien. Allerdings sei es angesichts des Tatvorwurfs der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB), der im Rahmen der Hauptverhandlung regelmäßig eine schwierige Beweisführung erfordere, nötig, sich ausführlich und exakt mit Zeugenaussagen und Urkunden zu befassen. Die dafür erforderliche umfassende Kenntnis der Akte sowie der Beiakten könne nicht durch das eingeschränkte Akteneinsichtsrecht des A nach § 147 VII StPO gewährleistet werden. Die Befassung mit der Akte (insgesamt 3 Bände) habe zudem, um iRd Beweisaufnahme eine effektive Verteidigung zu ermöglichen, vor der Hauptverhandlung zu geschehen und könne nicht etwa in einer kurzen Unterbrechung der Sitzung erfolgen.

Nach § 133 Abs.1 InsO kann eine Rechtshandlung vom Insolvenzverwalter angefochten werden, wenn sie innerhalb der letzten 10 Jahre vor Insolvenzeröffnung vom Schuldner mit dem Vorsatz vorgenommen wurde, seine sonstigen Gläubiger zu benachteiligen – und der annehmende Gläubiger diesen Vorsatz kannte. Immer wieder hoch umstritten ist dabei die Frage, wie sich der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners feststellen und manifestieren lässt. Hierzu und zu der Frage, wann eine Ausnahme von Benachteiligungsvorsatz vorliegen kann, haben nun das LAG Rheinland-Pfalz und das LG Lübeck zwei weitere Entscheidungen erlassen.

LAG Rheinland-Pfalz: Gläubigerbenachteiligungsvorsatz wird vermutet

Voraussetzung für die Vermutungsregelung des § 133 I 2 ZPO ist, dass der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte. Der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinweisen. Erforderlich aber auch ausreichend hierfür ist, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (so LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.12.2014 – 1 Sa 501/14).

LG Lübeck: Ausschluss der Benachteiligungsabsicht nur in engen Grenzen

Hat der Schuldner also die gläubigerschädigende Wirkung erkannt, so kann die Benachteiligungsabsicht nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden, wenn überzeugend dargelegt wird, dass in absehbarer Zeit alle Gläubiger befriedigt werden könnten und ein Insolvenzverfahren so gut wie ausgeschlossen erschien (so LG Lübeck, Urteil vom 11.02.2014 – 9 O 222/12).

Die Entscheidungen im Volltext hier: