Soll im Strafverfahren mit dem Urteil eine Einziehung von Tatmitteln erfolgen, so ist durch das entscheidende Gericht zwingend zu Prüfen, ob nicht anstelle der Einziehung eine weniger einschneidende Maßnahme mit dem gleichen Zweck erfolgen kann. Bei Speichermedien bedeutet dies, dass eine Rückgabe der Medien zu erfolgen hat, wenn eine dauerhafte Löschung der relevanten Daten möglich ist.

(BGH, Beschluss vom 11.10.2016 – 4 StR 192/16, BeckRS 2016, 19422)

BGH: Keine Anordnung der Einziehung von Speichermedien bei Möglichkeit einer nicht wiederherstellbaren Löschung

Diese Konstellation ist von hoher praktischer Relevanz – am Ende eines Strafverfahrens wird mit dem Urteil in sehr vielen Fällen die Einziehung der zur Tat verwendeten Gegenstände aus dem Eigentum des Täters gemäß § 74 StGB angeordnet. Gerade bei Verfahren wegen Drogenhandel bedeutet das in den meisten Fällen, dass die verwendeten Mobiltelefone eingezogen und damit enteignet werden. Der Angeklagte steht damit oft vor dem ganz „alltäglichen“ Problem, dass mit dem Handy zumeist hunderte bis tausende seiner privaten Fotos, Telefonnummern, E-Mails etc. auf einen Schlag abhanden gekommen sind (da immer noch die wenigsten Smartphone-Nutzer eine Kopie Ihrer Daten laufend spiegeln, beispielsweise in eine Cloud).

Bei Daten als Tatmittel reicht unwiderrufliche Löschung aus

In dem hier vom BGH entschiedenen Fall war der Angeklagte wegen „schweren sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ vom Landgericht verurteilt worden, welches im gleich Zug die Einziehung von Handy, externer Festplatte und Laptop angeordnet hatte.

Der BGH hatte sodann in der Revision festgestellt, dass in Fällen der Einziehung nach §§ 74, 74a StGB zwingend zu prüfen sei, ob unter Anordnung des Vorbehalts der Einziehung eine weniger einschneidende Maßnahme hätte getroffen werden können, durch die der Zweck der Einziehung gleichermaßen hätte erreicht werden können.

Das Landgericht hätte also prüfen müssen, welche Dateien das in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall tatgegenständliche Bildmaterial enthalten, hätte deren unwiderrufliche Löschung verfügen und sodann die Geräte an den Verurteilten herausgeben müssen.

Bei der Einziehung von Handys kommt jedenfalls die Herausgabe der Speicherkarte in Betracht

Der Bundesgerichtshof weist also nochmals darauf hin, dass eine Einziehung von Tatmitteln nicht ohne weitere Prüfung möglich ist. Steht ein milderes, im Vergleich zur sonst gebotenen Einziehung gleichermaßen geeignetes Mittel zur Verfügung, ist die Einziehung vorzubehalten und eine entsprechende Anordnung zu treffen.

In der Praxis begegnet die Verteidigung allerdings oft dem Umstand, dass das entscheidende Gericht der Prüfung der Voraussetzungen der Einziehung kein besonderes Gewicht zu Teil kommen lässt und oft vorschnell eine Einziehung aller als Tatmittel beschlagnahmter Gegenstände anordnet. Dabei dürfte insbesondere die Einziehung von Speicherkarten, welche sich im Handy befinden oder auch der Daten, welche im Handy selbst gespeichert sind, erheblichen Bedenken begegnen und so nicht zulässig sein.

Entscheidung - WULLBRANDT Rechtsanwälte

Für den Verkauf und Vertrieb sogenannter „Medienbriefe“ als vermeintlich sichere Geldanlage hat das Landgericht Osnabrück einen 62-jährigen wegen Betruges in 165 Fällen und Insolvenzverschleppung zu 6 Jahren Haft verurteilt.

Betrug mit „Medienbriefen“ – Landgericht Osnabrück verhängt 6 Jahre Haft

Der Angeklagte war in der Vergangenheit Herausgeber der „Osnabrücker Sonntagszeitung“ gewesen. Die durch die Strafkammer des Landgerichts ausgeurteilte Strafe fiel verhältnismäßig hoch aus – wohl auch, da es sich bei den Opfern des Mannes fast ausschließlich um einfache Leute gehandelt hatte, die dem Mann in Erwartung einer absolut sicheren Kapitalanlage Gelder anvertraut hatten, auf welche sie für ihre Familien und den Ruhestand angewiesen waren.

Kleinanleger im Rahmen eines Schneeballsystems betrogen

Was war geschehen? Der Angeklagte war von Dezember 2009 bis einschließlich 2014 alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter eines Verlages gewesen, welcher die „Osnabrücker Sonntagszeitung“ herausgab. Als solcher hatte er fortlaufend in der von ihm herausgegebenen Sonntagszeitung die sogenannten „Medienbriefe“ als sichere Geldanlage mit einer Rendite von 4 bis 6,25% beworben. Den Vertrieb dieser „Medienbriefe“ tätigte er selbst. Dabei teilte er den Interessenten in den Beratungsgesprächen jeweils mit, dass es sich dabei um eine sichere Geldanlage handele, welche jederzeit ohne Verlustrisiko wieder veräußert werden könne. Der Angeklagte informierte die Interessenten indes nicht, dass es sich bei den „Medienbriefen“ um stille Gesellschaftsbeteiligungen an der Verlagsgesellschaft mit Totalverlustrisiko handele. Ebenso verschwieg er, dass die Gesellschaft bereits seit 2001 keine Gewinne mehr eingefahren hatte.

Anlegergelder zur Auszahlung von Vorabgewinnen genutzt

Da die Verlagsgesellschaft defizitär war, verwendete der Angeklagte zunächst weite Teile der eingesammelten Anlegergelder, um die andernfalls drohende Insolvenz des Unternehmens abzuwehren und den Betrieb der Sonntagszeitung aufrecht zu erhalten. Daneben nahm er Auszahlungen von Vorabgewinnen an bestehende Anleger vor, welche so nie erzielt worden waren. Durch das Handeln des Angeklagten entstand bei dern betrogenen Anlegern ein Gesamtschaden in Höhe von etwa 1.6 Millionen Euro. Besonders bitter für einige der Anleger: Der für die Abwicklung der Insolvenz des Verlagshauses bestellte Insolvenzverwalter fordert nun auch die durch den Angeklagten – formal zu unrecht – geleisteten Gewinnauszahlungen von den Anlegern zurück, da diese stille Gesellschafter des Verlagshauses geworden waren.

Sorgerecht und Umgang - Anwältin für Familienrecht - Alexandra Wullbrandt

Abmahnungen bei Wettbewerbsverstößen auch kleinster Natur mit anschließenden Eilverfahren und Unterlassungsklagen haben noch immer Konjunktur und dienen vor allem den Abmahnvereinen und ihren Anwälten als „Cash Cow“ – bedingt durch die relativ hohen Streitwerte und die sich daraus ergebende Gebührenlast zu Lasten des Abgemahnten. Wie man sich erfolgreich dagegen wehren kann und warum eine Streitwertbeschwerde für den Mandanten lohnt, zeigen wir an einem unserer Fälle.

Hohe Streitwerte bei Abmahnungen machen Verfahren teuer

Das ist Fakt: Bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen, die zu einer Abmahnung führen, sind die jeweiligen Streitwerte durchweg hoch. Selbst bei kleineren Verstößen ist es Gang und Gäbe, dass die später mit der Sache befassten Gerichte Streitwerte im Bereich von 10.000 bis 50.000 EUR ansetzen. Das ist für den abgemahnten Mandanten ärgerlich, da sich auf dieser Grundlage die von ihm an den Gegner zu erstattenden (und in gleicher Höhe an seinen eigenen Anwalt zu zahlenden) Gebühren bemessen. So kann es durchaus dazu kommen, dass ein kleines Versehen in einer Impressumsangabe oder ein Fehler bei einem Angebot auf einer Webseite oder in einem E-Bay-Angebot mehrere tausend Euro nur an Anwalts- und Gerichtsgebühren kostet.

Streitwert lässt sich zu Gunsten des abgemahnten Mandanten senken

Wir hatten aktuell genau ein solches Verfahren in der Bearbeitung: Unser Mandant hatte bei einem Angebot auf seiner Webseite einen kleinen Fehler gemacht, welcher durch einen der üblichen Abmahnvereine sofort abgemahnt wurde. Der Mandant beseitigte sofort nach Erhalt der Abmahnung den Fehler, gab jedoch die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab. Ironischer Weise machte er mit dem fehlerhaft beworbenen Produkt keinerlei Umsätze. Knapp zwei Monate nach Erhalt der Abmahnung wurde er vom Abmahnverein auf Unterlassung verklagt. Da der Sachverhalt eindeutig war wurde unmittelbar nach Anzeige der Verteidigung beim zuständigen Landgericht Mainz der Klageanspruch auf Unterlassen anerkannt. Es kam zu keinem Termin.

Der klagende Abmahnverein hatte nun bereits mit der Klage einen Streitwert von 12.000 EUR für das Verfahren angegeben und beantragte nun Streitwertfestsetzung und Kostenfestsetzung auf Grundlage dieses Streitwertes. Bei einem Streitwert von 12.000 EUR hätte dies zur Folge, dass der Mandant alleine knapp 2.100 EUR an den Kläger zu erstatten hätte – plus noch einmal unserer Gebühren in Höhe von weiteren knapp 1.800 EUR. Der Fehler in seinem Angebot hätte ihn damit fast 4.000 EUR gekostet.

Landgericht Mainz: Streitwertbeschwerde hat Erfolg, Streitwert ist herabzusetzen

Auch wenn wir uns damit um unsere eigenen Gebühren bringen (da auch unsere Vergütung sich nach dem Streitwert richtet) – im Interesse unseres Mandanten hatten wir gegen die Festsetzung des Streitwertes in Höhe von 12.000 EUR sogenannte Streitwertbeschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Streitwert weitest möglich zu reduzieren. Die Beschwerde wurde mit der Einfachheit der Sache sowie den geringen wirtschaftlichen Auswirkungen des abgemahnten Fehlers begründet.

Unsere Streitwertbeschwerde hatte Erfolg – das Landgericht half der Beschwerde nun per Beschluss ab und setzte den Streitwert für das wettbewerbsrechtliche Klageverfahren auf 6.000 EUR fest (Beschluss vom 29.06.2016, Aktenzeichen 12 HK O 17/16).

In der Begründung des Gerichts lautet es, dass das Landgericht einen Streitwert in höhe von 6.000 EUR bei derart einfach gelagerten Fällen und bei solch geringen wirtschaftlichen Auswirkungen des Wettbewerbsverstoßes als absolut ausreichend ansehe (wir hatten hierzu in unserer Beschwerde ausführlich begründet, der Kläger hatte dies nicht hinreichend bestritten).

Fazit: Streitwertbeschwerde kann im Sinne des Mandanten lohnenswert sein

Als Anwälte sind wir verpflichtet, die Interessen unseres Mandanten bestmöglich zu wahren. Dies kann – wie hier – bei einer in der Hauptsache eindeutigen Angelegenheit auch darin bestehen, die sich für den Mandanten ergebende Gebührenlast zu verringern – auch wenn es gleichzeitig zu Lasten des eigenen Gebührenanspruches geht! In unserem Fall führte das dazu, dass sich die Gebührenlast des Mandanten fast halbierte.

Gerade in wettbewerbsrechtlichen Verfahren (Abmahnung, Unterlassungsklagen), bei welchen der Streitwert zur Gebührenerlangung oftmals (zu) hoch angesetzt wird, lohnt es sich daher, durch eine sauber begründete Streitwertbeschwerde die auf den Mandanten zukommenden Kosten des Verfahrens zu reduzieren.

Bei einem Anlagebetrug im Rahmen eines Schneeballsystems gilt die gesamte Anlagesumme als Schaden. Dies entschied der BGH mit Beschluss vom 02.03.2016 – Aktenzeichen 1 StR 433/15 (Vorinstanz LG Nürnberg-Fürth).

Bei Anlagebetrug gilt gesamte Anlagesumme als Schaden

Der BGH verwarf mit diesem Beschluss die Revision der Angeklagten, welche sich gegen die Verurteilung durch das Landgericht Nürnberg-Fürth gewehrt hatten.

Der für die Bestimmung des Vermögensschadens aufgrund einer Gesamtsaldierung maßgebliche Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung durch den Geschädigten (näher BGH, Urteile vom 2. Februar 2016 – 1 StR 435/15 Rn. 20 und 1 StR 437/15 Rn. 33 mwN). Nach Auffassung des BGH auf Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem Landgericht konnten die Rückzahlungsansprüche der Anleger im zu entscheidenden Fall bereits zu diesem Zeitpunkt, also als die Anlage (und damit die Vermögensverfügung) getätigt wurde, als wirtschaftlich wertlos angesehen werden, weil die Möglichkeit der Rückführung der vereinnahmten Gelder sowie ggf. der Auszahlung vertraglich versprochener Renditen ausschließlich von der zukünftigen Einnahme weiterer betrügerisch erlangter Gelder von Anlegern durch den Angeklagten abhing (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, Rn. 18). Dies ist der typische Fall im Rahmen sogenannter „Schneeballsysteme“. Die späteren Entwicklungen in Gestalt von Rückzahlungen an die Anleger berühren den tatbestandlichen Schaden nicht (BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 – 1 StR 586/11, Rn. 15 und vom 4. Februar 2014 – 3 StR 347/13).

(Teilweise) Rückzahlung ist unerheblich

Nach Ansicht des BGH, welche dieser in allen zuvor genannten Entscheidungen vertritt, ist es daher für die Berechnung des Schadens auch unerheblich, ob der Täter zwischenzeitlich den Anlegern des Schneeballsystems (anteilige) Beträge zurückerstattet hat. Das wirkt sich lediglich auf die Strafzumessung aus. Für die Berechnung des Schadens beim Anlagebetrug ist daher lediglich relevant, ob das Anlagesystem wie bei einem Schneeballsystem von Anfang an darauf ausgelegt war, das Geld der Anleger zweckwidrig zu verwenden. In diesem Fall ist der Schaden bereits in voller Höhe der Anlagesumme entstanden, wenn der Anleger die Anlagesumme an den Betreiber des Schneeballsystems verfügt hat.

 

Strafrecht | WULLBRANDT Rechtsanwälte

Die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige im Steuerstrafrecht entfällt, wenn der Steuerpflichtige in den Medien davon erfahren hat, dass der Fiskus eine „Steuer-CD“ mit Daten seiner Bank angekauft hat. Wenn das der Fall ist, dann muss der Steuerpflichtige mit der Entdeckung seiner Tat rechnen, § 371 Abs.2 Nr.2 AO – sagt das OLG Schleswig-Holstein.

Keine strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerstrafrecht bei Medienberichterstattung

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschied hier mit Beschluss vom 30.10.2015 – 2 Ss 63/15 – über einen Fall, in welchem ein Steuerpflichtiger mehrere Schwarzgeldkonten in der Schweiz unterhalten hatte. Im Jahr 2011 transferierte er sein Vermögen zurück nach Deutschland und erstattete 2012 eine Selbstanzeige.Zum Zeitpunkt der Selbstanzeige wurde gegen ihn bereits wegen Steuervergehen aus den Jahren 2007 bis 2010 ermittelt – was ihm nicht bekannt war. Auch war ihm zum Zeitpunkt der Selbstanzeige aus den Medien bereits bekannt, dass die deutschen Finanzbehörden eine sogenannte „Steuer-CD“ eingekauft hatten, auf welcher auch Daten seiner Bank zu finden waren.

Steuerpflichtiger musste mit seiner Entdeckung aufgrund Steuer-CD rechnen

Der Einschlägige § 371 Abs.1 AO (Abgabenordnung) sieht kurz gefasst die Straffreiheit für denjenigen vor, der gegenüber dem Finanzamt seine unrichtigen Angaben zur Versteuerung einer Steuerart vollständig berichtigt und alle Steuerrückstände ausgleicht. Die folgenden Absätze sehen jedoch Ausnahmen von der Straffreiheit vor, beschreiben also Tatbestände, bei denen der Steuerpflichtige nicht straffrei ausgeht. So lautet § 371 Abs.2 Nr.2 AO dass keine Straffreiheit eintritt, wenn

eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste,

Diesen Fall sahen hier das Landgericht in der ersten und das OLG in de zweiten Instanz als gegeben an. Dem Steuerpflichtigen wurde die Straffreiheit verwehrt, da er mit der Aufdeckung der Tat rechnen musste.

Wann muss ein Steuerhinterzieher mit der Entdeckung seiner Tat rechnen?

Das Oberlandesgericht hat sich in der Entscheidung intensiv damit auseinandergesetzt, wann ein Steuerpflichtiger, der Falschangaben gemacht hat, mit der Entdeckung seiner Tat rechnen muss. Es dabei sei entscheidend, ob der Steuerpflichtige aufgrund der ihm nachweislich bekannten Umstände mit der Entdeckung seiner Tat rechnen muss – wobei es auf seine individuellen Fähigkeiten ankomme. Der Täter einer Steuerhinterziehung müsse nach Ansicht des OLG Schleswig-Holstein bereits dann mit der Entdeckung seiner Tat rechnen, wenn er aufgrund der ihm bekannten Umstände eine Tatentdeckung für durchaus möglich oder wahrscheinlich hält, auch wenn eine gewisse Unsicherheit verbleibt.

Im vorliegenden Fall sah das Gericht diese Bedingung als gegeben an, da der Täter zum Zeitpunkt seiner Selbstanzeige bereits wusste, dass das Land Nordrhein-Westfalen eine Steuer-CD mit unter anderem Daten „seines“ Bankhauses in der Schweiz aus den betreffenden Jahren angekauft hatte. Er konnte also – so das Gericht – allenfalls darauf hoffen, dass die CD zufälliger Weise keine Daten zu seinen Kontoverbindungen enthalten würde.

Berichterstattung über Ankauf von Steuer-CD reicht für Wegfall der Straffreiheit aus

Nach Ansicht des OLG reicht also bereits die mediale Berichterstattung über den Ankauf der Steuer-CD aus, um die Straffreiheit der Selbstanzeige entfallen zu lassen. Dem „Rechnenmüssen“ mit der Entdeckung stehe nicht entgegen, dass die Berichterstattung sich nicht zu konkreten Kontoverbindungen auf den CDs äußert. Dies zu verlangen würde die Anforderungen überspannen, da solcherlei Details nie Inhalt einer Medienberichterstattung seien.

Es ist kaum einige Tage her, dass der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck in Berlin angeblich mit einem Tütchen der Modedroge Chrystal Meth aufgeschnappt wurde, da tauchen schon die nächsten Presseartikel mit Details der Causa „Breaking Beck“ in diversen Nachrichtenportalen auf – und wäre es so wie beispielsweise Focus* oder der Tagesspiegel schreiben, dann würde das jedem Strafverteidiger oder auch nur jedem Anwalt, der irgendetwas mit Strafrecht zu tun hat, die Haare zu Berge stehen lassen. Es wäre nämlich ein Musterbeispiel dafür, wie eine (wohl) gut gemeinte Aussage die Sache nur noch schlimmer machen würde.

Keine Aussage ohne Anwalt – die goldene Regel

Die goldene Regel eines jeden Strafverteidigers, welche dieser seinen Mandanten immer zuerst und mit Nachdruck versucht nahezubringen lautet „Keine Aussage ohne Anwalt!“. Warum das so ist und aus Sicht jeden Anwalts im Strafrecht auch so sein muss, zeigt sich an der Darstellung des Falls Volker Beck in den oben genannten Nachrichtenmedien.

Wie mittlerweile einige Nachrichtenseiten melden soll Beck gegenüber der Polizei bereits im ersten Moment Angaben zu den bei ihm gefundenen Drogen gemacht und die „klassische“ Aussage geliefert haben, „die Drogen seien gar nicht für ihn“ um gleich darauf noch zu ergänzen, er handhabe seit je her einen liberalen Umgang mit Betäubungsmitteln. Wenn dem so wäre, dann wäre das der strafprozessuale Jackpot.

Wie wir zwischenzeitlich von Volker Becks Büro in Berlin erfahren haben, war dem wohl tatsächlich nicht so. Herr Beck habe keinerlei Angaben zur Sache gemacht, so teilte man uns von dort mit (Hier die uns übersendete Presseunterweisung Volker Beck 20160311 (002)).

Gut gemeint ist immer schlecht gemacht bei Aussagen

Dass, was der Focus da Herrn Beck in den Mund legt, kommt einem als Strafverteidiger durchaus bekannt vor. Die meisten Mandanten, zumindest die ohne Erfahrung mit Ermittlungsbehörden, haben den Wunsch und Willen, sich bereits von der ersten Sekunde an zu entlasten – und erzielen genau den gegenteiligen Effekt. Bei ihnen herrscht also noch immer der Irrglaube, man könne seine Situation verbessern, wenn man direkt etwas zur Sache sagt. Dieser Irrglaube kommt mit zwei – für die meisten Mandanten nicht kalkulierten – Problemen daher: 1. können die allermeisten Menschen mangels exakter Kenntnis der Tatbestände im Strafrecht garnicht abschätzen, was für sie besser oder schlechter ist und 2. schenken ihnen die Polizei und Staatsanwaltschaft in den meisten Fällen sowieso keinen Glauben.

Not oder Elend – was hätten Sie gerne?

Nehmen wir beispielsweise die Darstellung des Focus von einer angeblichen Aussage Becks. Focus Online zufolge soll er geäußert haben, „das Chrystal Meth sei garnicht für ihn bestimmt gewesen“ und nach Schilderung des Tagesspiegels online vom 12.03.2016 habe er „schon immer eine liberale Drogenpolitik vertreten“. Wenn das stimmen würde – was es ja nach seinen Angaben uns gegenüber nicht tut, dann wäre das menschlich vollkommen verständlich. Viele Beschuldigte in Ermittlungsverfahren reagieren entsprechend; es besteht der Drang, zum einen die Schuld von sich auf einen Fremden abzuwälzen und gleichzeitig die Überzeugung zu schaffen, so schlimm sei es ja nicht gewesen.

Ausgangspunkt der ganzen Sache war im Fall Beck der Fund eines Tütchens mit 0,6 Gramm Chrystal in seinem Besitz. Man könnte schon fast sagen, in Berlin, der Stadt von Berghain und Watergate, ist das normal (dementsprechend werden Verfahren bei solchen Mengen in Berlin auch sehr oft sang- und klanglos eingestellt). Zugegeben ist es ein Skandal, dass ein Bundestagsabgeordneter mit illegalen Drogen erwischt wird. Aber in rein strafrechtlicher Hinsicht ist das zu verschmerzen. 0,6 Gramm Chrystal sind eine geringe Menge und offensichtlich für den Eigengebrauch gedacht. Nicht schön, aber wer es braucht… Auch in anderen, konservativeren Bundesländern wäre hierfür wohl eine Strafe von maximal 30 Tagessätzen zu erwarten, das ganze würde per Strafbefehl ohne großes Aufsehen und Verfahren erledigt. Ärgerlich, aber schnell ohne größere Blessuren vorbei. Wenn man – wie Beck – keine Aussage macht hätte und seinen Strafverteidiger alles regeln lässt. Wenn.

Per voreiliger Aussage vom Besitz zur Weitergabe von Drogen

Laut anderslautender Meldung bei Focus online habe er nun aber die Polizei wissen lassen, das Chrystal sei garnicht für ihn bestimmt gewesen. Wäre das tatsächlich der Fall gewesen, dann wäre das ein Dilemma. Denn: Sollte man einem auf frischer Tat ertappten Beschudigten diese Aussage tatsächlich glauben, dann würde sich die juristische Bewertung des Vorgangs ganz gravierend ändern – nämlich vom (teilweise – vor allem in Berlin – glatt straflosen) Eigenbesitz einer Minimenge Modedroge hin zur unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln.

Und was ist mit dem Einzelfall? Nun ja, wer  – wie es der Tagesspiegel Beck in den Mund legt – angibt, er handhabe den Umgang mit Betäubungsmitteln seit je her „liberal“, der dürfte Aug in Aug mit einem Einzelrichter kaum darauf hoffen, dass dieser von einen Einzelfall ausgeht.

Fazit: Zurückhaltung üben und keine Aussage machen!

Beck hat alles richtig gemacht und keine Angaben zur Sache gemacht. Denjenigen, die es doch tun, ist das menschlich nicht vorzuwerfen – sie erliegen schlicht dem Drang, sich irgendwie aus der höchst prekären Situation des Drogenfunds herauszureden. In strafrechtlicher Hinsicht ist es eine Katastrophe und dürfte für diejenigen gleich wie unglaublich teuer werden (sei es die Geldstrafe oder das Honorar für seinen Strafverteidiger (der jetzt um so mehr Arbeiten muss) – oder eben beides). Daher am Beispiel Volker Beck erklärt noch einmal der unbedingte Rat:

Bei Ermittlungen und wenn die Polizei Sie als Beschuldigten vernimmt – machen Sie NIEMALS eine Aussage, ohne zuvor einen Strafverteidiger beauftragt zu haben!


Hinweis: In einer vorherigen Version dieses Artikels hieß es unter Verweis auf die Quellen Focus online und Tagesspiegel online noch, Volker Beck habe bereits bei Auffinden der Drogen durch die Polizei geäußert, diese seien nicht für ihn bestimmt. Dabei handelt es sich um eine Falschmeldung der Presse, wie uns im Nachhinein das Büro von Herrn Beck mitteilte.


Quelle: Focus Online, Meldung vom 11.3.2016, http://www.focus.de/politik/deutschland/drogenfund-bei-volker-beck-becks-aussage-bei-polizei-und-bringt-ihn-noch-mehr-in-schwierigkeiten_id_5350159.html


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Landgericht Düsseldorf verbietet Facebook Like-Button

Das Landgericht Düsseldorf hat am 9. März 2016 unter dem Aktenzeichen 12 O 151/15 ein Urteil mit schwerwiegenden Folgen für alle Webseitenbetreiber getroffen. Das Gericht entschied, dass die Verwendung des Facebook Like – Buttons auf Webseiten rechtswidrig ist.

Landgericht Düsseldorf verbietet die Nutzung des Facebook Like-Buttons

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass das Plugin, mit welchem der Button auf Webseiten eingebunden wird, ohne die Zustimmung der Nutzer personenbezogene Daten an Facebook übermittelt.

Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf haben wir Ihnen HIER zur Verfügung gestellt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es ist davon auszugehen, dass die Beklagte in Berufung und gegebenen Falles anschließende Revision geht.

Mehr zum Thema erfahren Sie auf unserem Blogprojekt Justanotherlawblog.

Der Zeitpunkt der ersten Einlassung des Angeklagten darf vom Gericht nicht nachteilig bewertet werden. Es darf dem Angeklagten auch nicht zur Last gelegt werden, wenn er von seinem Schweigerecht Gebrauch macht.

BGH: Es darf nicht zum Nachteil des Angeklagten gewertet werden, wann dieser seine erste Einlassung abgibt

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt durch Beschluss vom 13.10.2015 – 3 StR 344/15. In dem ursprünglichen Verfahren war der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmittelb zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Zu dem „bewaffneten“ Handeltreiben kam es, da bei der Festnahme des Angeklagten neben Drogen auch eine mit 5 Schuss geladene Gaspistole im Auto unter dem Fahrersitz gefunden wurde. Der Strafverteidiger des Angeklagten hatte gegen das Urteil des Landgerichts Revision eingelegt, da das Landgericht seine Entscheidung unter anderem mit dem Zeitpunkt der EInlassungen zum Thema „wie kam die Waffe dorthin“ des Angeklagten und seiner Verlobten begründet. Das war nach Ansicht des BGH rechtsfehlerhaft.

Angeklagter bestritt Kenntnis von der Waffe

Der Angeklagte hatte nach seiner Festnahme zwar den Besitz und die Absicht, zumindest Teile der gefundenen Drogen verkaufen zu wollen, gestanden. Er bestritt jedoch, von der Waffe Kenntnis gehabt zu haben. Die Waffe habe vielmehr wohl seine Verlobte ohne sein Wissen im Auto abgelegt. Dies habe sie getan, da im Haus – wo die Waffe für gewöhnlich deponiert war – ein Kindergeburtstag stattgefunden habe und sie nicht wollte, dass bei dieser Gelegenheit die Waffe im Haus war.

Landgericht glaubt Einlassung nicht – weil sie spät erfolgt

Die entscheidende Strafkammer am Landgericht Lüneburg glaubte diese Einlassung jedoch nicht und sah sie als widerlegt an. Ebenso schenkte das Gericht der Zeugenaussage der Verlobten des Angeklagten in der Hauptverhandlung keinen Glauben. Das Gericht begründete dies damit, dass es keinen Grund gäbe, weshalb die Verlobte mit ihrer entlastenden Aussage – welche sie dem Strafverteidiger des Angeklagten gegenüber bereits wesentlich früher geäußert hatte – bis zur Hauptverhandlung warten solle. Das Gericht leitete für sich daraus ab, dass es sich dabei offensichtlich um eine abgesprochene Aussage handele.

BGH sagt: Es ist egal, wann eine Einlassung des Angeklagten kommt

Der Bundesgerichtshof sah dies in der vom Verteidiger des Angeklagten eingelegten Revision anders. Der BGH führt aus, dass die Erwägung, es handele sich bei der EInlassung des Angeklagten um eine abgestimmte Einlassung, da sie erst spät im Verlauf der Hauptverhandlung erfolgt und aus diesem Grund sei ihr kein Glauben zu schenken

…gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten verstößt. Diesem kann der Zeitpunkt, zu dem er erstmals eine entlastende Einlassung vorbringt, nicht zum Nachteil gereichen.

Schweigerecht ist elementarer Bestandteil des Strafverfahrens

Das Schweigerecht eines Angeklagten und damit der Grundsatz, dass sich niemand selbst belasten muss, ist elementarer Bestandteil eines fairen Verfahrens und damit des rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Der Angeklagte im Strafverfahren kann jederzeit selbst entscheiden, ob er eine Aussage macht oder nicht. Macht der Angeklagte keine Aussage, dann darf ihm das nicht zum Nachteil gereichen. Diese absolute Entscheidungsfreiheit setzt natürlich voraus, dass der Angeklagte nicht befürchten muss, dass ihm nur aus dem Zeitpunkt einer – wahrheitsgemäßen – Einlassung könnten ihm Nachteile entstehen. Denn: Auch die Gründe und Beweggründe für eine Aussage dürfen nicht nachteilig bewertet werden. Muss der Angeklagte also befürchten, dass er bei einer Einlassung im Nachhinein negative Konsequenzen erleidet, weil er diese EInlassung erst spät abgibt, dann ist er dazu verleitet lieber gar keine Aussage zu machen als eine späte. Diese Motivationslage darf nicht herrschen. Der BGH hat also noch einmal festgehalten, dass weder aus der durchgehenden noch aus der anfänglichen Aussageverweigerung – und damit auch nicht aus dem Zeitpunkt, zu dem sich der Angeklagte erstmals einlässt – nachteilige Schlüsse gezogen werden dürfen. Dass der Angeklagte die Ermittlungsbehörden also nicht früher über die Angaben seiner Verlobten in Kenntnis gesetzt hatte, darf deshalb bei der Bewertung seiner Aussage keine Berücksichtigung finden.


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Die im Privatbereich erhobenen Rundfunkbeiträge (GEZ) sind verfassungsgemäß. Das entschied heute der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim in drei Verfahren. 

Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist verfassungsgemäß

Kaum ein Thema ist so oft diskutiert und so umstritten wie die Erhebung der Rundfunkgebühren, landläufig bekannt als „GEZ-Gebühren“. Gerade in sozialen Medien kursieren diverse Theorien, weshalb die Rundfunkbeiträge nicht geschuldet seien und wie man diese umgehen könne. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim hat nun nach mündlicher Verhandlung am 3. März 2016 in drei Berufungsverfahren entschieden, dass die Erhebung der Rundfunkbeiträge im privaten Bereich verfassungsgemäß ist.

VGH Mannheim entscheidet in drei Verfahren über Rundfunkbeiträge

Gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags hatten jeweils drei Inhaber von Wohnungen oder Zweitwohnungen vor den Verwaltungsgerichten Karlsruhe und Stuttgart geklagt. Sie hatten sich darauf berufen, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, auf dessen Grundlage die Rundfunkbeiträge erhoben werden, verfassungswidrig sei. Nach Auffassung der Kläger handele es sich beim Rundfunkbeitrag um eine Steuer und nicht um einen Beitrag. Daraus folge, dass den Bundesländern die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung des Beitrags fehle – denn für die Erhebung von Steuern liegt die Gesetzgebungskompetenz ausschließlich beim Bund.

Exkurs: Was ist der Unterschied zwischen Beitrag und Steuer

An dieser Stelle kurz die Erklärung, wo der Unterschied zwischen Steuern und Beiträgen liegt:

Was sind Steuern?

Der Begriff der „Steuern“ ist in § 3 der Abgabenordnung (AO) definiert. Dort heisst es

Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

Was sind Beiträge?

Beiträge dagegen sind definiert als Aufwandsersatz für die mögliche Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung oder Einrichtung. Das Bedeutet, dass Beiträge das „Zwangsentgelt“ für eine Leistung sind, die von staatlicher Seite bereitgestellt wird und die man in Anspruch nehmen kann. Das Entgelt fällt also an, egal ob man die Leitung in Anspruch nimmt oder nicht.

Damit hat man auch direkt die Antwort auf die Frage, weshalb man denn bitteschön Rundfunkbeiträge zahlen soll, obwohl man (angeblich) keine öffentlich rechtlichen Sender konsumiert. Rein juristisch ist es so, dass die Leistung (also öffentlicher Rundfunk) bereitgestellt wird und man sie nutzen kann, also fällt auch der Beitrag an.

Kläger: Rundfunkbeitrag ist Steuer

Die Kläger hatten in ihren Verfahren argumentiert, dass es sich bei den Rundfunkbeiträgen um Steuern und eben keine Beiträge handele. Demzufolge hätten die Bundesländer gar keine Gesetzgebungskompetenz und die Rechtsgrundlage der Rundfunkgebühren sei nichtig. Daneben waren sie der Ansicht, dass die in den Rundfunkbeitragsstaatsverträgen verankerte Melde- und Nachweispflicht sowie der Meldedatenabgleich nicht mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vereinbar seien. Die Klagen hatten allerdings bereits in der ersten Instanz vor den Verwaltungsgerichten Stuttgart und Karlsruhe keinen Erfolg.

VGH Mannheim: Rundfunkbeitrag ist keine Steuer sondern Abgebe und rechtmäßig

Der für das Bundesland Baden-Württemberg zuständige Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat nun in der Berufungsinstanz entschieden, dass der Rundfunkbeitrag keine Steuer, sondern eine Abgabe für die zur Verfügung gestellte Leistung „Rundfunk“ darstellt und demnach rechtens ist. Die Richter des 2. Senats am VGH Mannheim führten aus, dass

Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine Gegenleistung für die Zahlung des Rundfunkbeitrags sei. Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung unabhängig von den Nutzungsgewohnheiten und Nutzungsabsichten sei verfassungsgemäß und durch die technische Entwicklung neuartiger Rundfunkempfangsgeräte veranlasst. Sie sei auch im Hinblick auf die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit sachgerecht und stehe mit dem allgemeinen Gleichheitssatz in seiner abgabenrechtlichen Ausprägung der Belastungsgleichheit in Einklang.

Vorerst bleibt also alles beim alten – der Rundfunkbeitrag muss gezahlt werden. Der VGH liess jedoch die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu – diese kann durch die Kläger nun binnen eines Monats eingelegt werden.

Die Entscheidung im Volltext ist noch nicht veröffentlicht, die Pressemitteilung des VGH Mannheim finden Sie HIER.

Ein thüringischer Richter am Amtsgericht wurde zu Recht wegen Rechtsbeugung im Amt in 7 Fällen verurteilt. So zumindest entschied kürzlich der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 24.02.2016 – Aktenzeichen 2 StR 533/15. Dabei wollte er „nur“ der Bußgeldbehörde eine Lektion erteilen…

BGH bestätigt die Verurteilung eines Amtsrichters wegen Rechtsbeugung

Was war geschehen? Der angeklagte Richter hatte mehrfach, jedenfalls in 7 Fällen, Temposünder in Ordnungswidrigkeitenverfahren freigesprochen. Dies hatte er jeweils damit begründet, es läge ein „Verfahrenshindernis“ vor, da die jeweilige Bußgeldbehörde weder Messprotokoll noch Eichschein der jeweiligen Messung von sich aus vorgelegt habe. Das Landgericht Erfurt hatte hierin jeweils Fälle der Rechtsbeugung gesehen und den Richter wegen dieser Vorgänge zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen hatte der Richter Revision eingelegt.

Aufklärungspflicht in OWi-Verfahren gegen Temposünder verletzt

Warum gilt ein Freispruch als Rechtsbeugung? Nun, grundsätzlich ist das nicht per se der Fall. Hier ist es allerdings so, dass auch in Bußgeld- und Ordnungswidrigkeitenverfahren – ebenso wie in „normalen“ Strafsachen – das Gericht eine Aufklärungspflicht trifft. Das Gericht selbst hat also alle zur Wahrheitsfindung notwendigen Beweismittel beizuziehen. In Bußgeldverfahren gegen Temposünder ist es allgemein bekannt, dass zur Überprüfung der Messung das Messprotokoll und der Eichschein des Messgeräts notwendig sind. Liegen diese also nicht schon sowieso in der Bußgeldakte, dann muss das Gericht im Rahmen seiner Aufklärungspflicht diese von dort anfordern.

Richter wollte Bußgeldbehörde eine Lektion erteilen

Offensichtlich störte es den Richter, dass die Bußgeldbehörde in ihren Verfahrensakten nie die erforderlichen Messprotokolle und Eichscheine beifügte (und er sie gesondert anfordern musste). Er traf daher mehrere Entscheidungen dahingehend, dass die Temposünder wegen eines „Verfahrensfehlers“ (= die Protokolle lagen dem Richter nicht vor) freigesprochen wurden. Augenscheinlich wollte der Richter der Bußgeldbehörde damit eine Lektion a la „wenn ihr die Unterlagen nicht selbst beibringt, dann lasse ich die Leute laufen“ erteilen. Daraus wurde jedoch nichts, denn das thüringische Oberlandesgericht hob mehrere dieser Entscheidungen rückwirkend auf.

OLG Thüringen sah Aufklärungspflicht verletzt – den Richter störte das nicht

Das OLG Thüringen sah in den aufgehobenen Entscheidungen die Aufklärungspflicht des Richters verletzt. Diesen indes störte das offenbar wenig – er sprach weiter mehrere Temposünder frei, weil Protokolle nicht zu Beginn des OWi-Verfahrens vorlagen.

Landgericht Erfurt sieht Rechtsbeugung in den Freisprüchen

Das Landgericht Erfurt nahm sich der entsprechenden Anklage an und verurteilte den Richter wegen tatmehrheitlicher Rechtsbeugung. Es begründet seine Entscheidung damit, dass der verurteilte Richter bei seinen Entscheidungen es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese falsch seien. Dies habe er jedoch in Kauf genommen, um der Bußgeldbehörde eine Lektion zu erteilen. Dabei habe er die ihm obliegende Aufklärungspflicht des Gerichts zwar gekannt, diese aber sehenden Auges missachtet.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts, welches ihn zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten zur Bewährung verurteilt hatte, hatte er (selbstverständlich) Revision eingelegt und diese damit begründet, er habe keinen Vorsatz hinsichtlich der abgeurteilten Rechtsbeugung gehabt. Ausserdem sei er zu den Tatzeitpunkten krankheitsbedingt schuldunfähig gewesen. Die Revision hatte keinen Erfolg – der BGH bestätigte nun die Entscheidung des Landgerichts Erfurt.